NS-Verbrechen: Wuppertaler Angeklagter nur eingeschränkt verhandlungsfähig

Münster. Im November letzten Jahres erhob die Staatsanwaltschaft Anklage gegen zwei frühere SS-Männer aus Nordrhein-Westfahlen, die an den Verbrechen im Konzentrationslager Stutthof beteiligt gewesen sein sollen.

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Jetzt liegt ein Gutachten über die heute 94 und 93 Jahre alten Angeschuldigten vor, das ihnen nur eingeschränkte Verhandlungsfähigkeit attestiert.

Wie das zuständige Landgericht Münster am Freitag mitteilte, raten die Sachverständigen zu maximal drei beziehungsweise zwei Verhandlungstagen pro Woche mit einer Dauer von jeweils höchstens zwei Stunden.

Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden Männer aus Wuppertal und dem Kreis Borken vor, während des Zweiten Weltkriegs zur Wachmannschaft des Konzentrationslagers Stutthof bei Danzig gehört zu haben. Sie sollen in hunderten Fällen Beihilfe zur Ermordung von KZ-Häftlingen begangen haben.

Aufgrund einer akuten Erkrankung bei dem Angeschuldigten aus dem Kreis Borken ordnete die Münsteraner Strafkammer mit Beschluss vom Mittwoch eine ergänzende Begutachtung des Manns an, um mögliche weitere Einschränkungen seiner Verhandlungsfähigkeit zu prüfen. Staatsanwaltschaft und Verteidigung haben nun die Möglichkeit, binnen zwei Wochen zum Gutachten über den Wuppertaler Angeschuldigten Stellung zu nehmen. Nach Erstattung des Ergänzungsgutachtens für den Angeschuldigten aus dem Kreis Borken und Gelegenheit zur Stellungnahme für die Prozessbeteiligten wird das Landgericht, nach früheren Angaben vor der Jugendkammer, über die Eröffnung des Verfahrens entscheiden. Grund dafür ist die Tatsache, dass die beiden zum Zeitpunkt der ihnen vorgeworfenen Taten noch nicht 21 Jahre alt waren. Wann das sein könnte, ist laut einem Gerichtssprecher noch unklar.

Mehr als 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs führten Anklagen gegen frühere SS-Mitglieder zuletzt noch einmal zu mehreren Strafprozessen wegen der nationalsozialistischer Massenverbrechen in Konzentrations- und Vernichtungslagern. Bei Staatsanwaltschaften und Gerichten setzte sich eine neue Rechtsauffassung durch. Demnach können auch unterstützende Tätigkeiten als Beihilfe zum Mord eingestuft werden. Damit müssen inzwischen auch Verdächtige mit Anklagen rechnen, die als Wachen dienten oder als Teil der Lagerverwaltung die Morde anderweitig organisatorisch ermöglichten. Früher kamen in aller Regel nur Verdächtige vor Gericht, die sich direkt an der Tötung von Häftlingen beteiligten. Mord und damit auch Beihilfe zum Mord verjähren nach deutschem Strafrecht nicht. afp/dpa/red