Ökumenische Nacht: Ein Netz mit vielen Facetten
Die zweite Ökumenische Nacht der offenen Kirchen bot Besuchern teils ganz neue Einblicke.
Wuppertal. Als Kind in der Kirche hört man nicht die gesamte Predigt. Es existiert noch nicht die Seelenpflicht oder - not, die tröstenden, bestärkenden Worte in ihrem Zusammenhang zu erfassen. Die Gedanken schweifen ab, um bei einer beliebigen Passage wieder einzuhaken und eben sie ohne Kontext zu verinnerlichen. Gerade so gestaltet sich aber auch das Verständnis des Erwachsenen, der Kirche als den Ort seiner Gemeinde erfährt, an dem er mehr oder weniger zufällig lebt.
Dass Kirche mehr ist als dieser eine Ort, nämlich ein umspannendes Netz mit vielen Facetten, war am Freitag in der 2. Ökumenischen Nacht der offenen Kirchen zu erleben. 102 Veranstaltungen stadtweit verdeutlichten die Farbigkeit, nur einen kleinen Teil davon besuchten Wuppertals führende Geistliche bei einer Tour im nachtblauen Kleinbus.
Er habe, so Pfarrer Werner Jacken, Stationen gewählt, die der kleinen Gruppe die Stippvisite ermöglichten, ohne die Veranstaltung über Gebühr zu stören. Manches Juwel blieb deshalb auf der Strecke: die Klaviermusik der Romantik in der Sophienkirche, die "Sinn-volle Stunde" im Gemeindesaal der Freien Evangelischen Kirche Ronsdorf, aber auch der "Evensong" in St. Johann Baptist.
Auftakt war, wie für alle Christen der Stadt, die Eröffnungsfeier in der CityKirche Elberfeld. Während dort die Kerzen angezündet und in die teilnehmenden Gotteshäuser getragen wurden, nahm Pfarrer und Fahrer Jacken Kurs auf St. Konrad an der Hatzfelder Straße, wo sich erst ein kleiner Kreis zur Ausstellung von Bildern Behinderter eingefunden hatte. Nach herzlichem Empfang im Kerzenschein ertönten die Glocken - nicht nur in dieser Kirche, sondern höchst feierlich überall in der Stadt.
Derweil wartete in der Wichlinghauser Kirche bereits ein Gospelkonzert auf die Besucher. Superintendent Manfred Rekowski hatte hier in "seinem Haus" Gelegenheit, den mitreisenden und noch nicht ganz in Wuppertal verankerten neuen Stadtdechanten Bruno Kurth in Spezialitäten der Gemeinde einzuweihen. Bei Jazz, Zwiebelkuchen und Federweißem gab es einen kurzen Einblick in die CityKirche Barmen und ihre Ausstellung zum "Koffer für die letzte Reise".
Dann hörte die kleine Gruppe Worte aus dem Markusevangelium in der feierlichen Atmosphäre von St.Antonius, sang mit bei fröhlichen Lieder in der Unterbarmer Hauptkirche und stimmte sich ein auf das Lampionfest im Von der Heydt-Park. Gegen Mitternacht hatte die Gruppe ihr Pensum geschafft und doch nur einen winzigen Ausschnitt erfasst. Für Mitreisende blieb eine Erkenntnis: Wuppertals Kirchen stecken voller Farben, Lebensnähe und auch Humor.