Offen gesagt Rettet den Döppersberg!

Nach der jüngsten Hiobsbotschaft gibt es nichts mehr zu beschönigen: Das Jahrhundert-Projekt Döppersberg droht eine Pleite zu werden. Der Textil-Supermarkt Primark will wider Erwarten kaum mehr die Hälfte des eigens für ihn gebauten sogenannten Investoren-Kubus nutzen, den Busbahnhof steuern erheblich weniger Busse an, weil die Stadtwerke den ÖPNV aus Kostengründen ausdünnen, die Stadt hält am falschen Standort für das Süchtigen-Café Cosa fest und in der wunderschönen Bundesbahndirektion verliert sich ein Häufchen Arbeiter, weil ja irgendwer den Schein wahren muss, dass dort irgendetwas für irgendwen saniert wird.

Wuppertal

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Foto: yes/Schwartz, Anna (as)

Aber die Wahrheit ist: Nichts wird geschehen. Wenig Primark, viele Drogenabhänige, weniger Busse, viel Leerstand. Das ist geblieben vom großen Traum Wuppertals, mit umliegenden Metropolen mithalten zu können. Er droht in einem Albtraum zu enden. Denn derzeit spricht alles dafür, dass niemand in der Lage ist, dem Drehbuch zum Drama ein Happy End schreiben zu können.

Nun rächt sich bitter, dass die Wuppertaler Ratsdamen und -Herren, angeleitet vom damaligen Oberbürgermeister Peter Jung (CDU), mindestens blauäugig, wenn nicht sogar naiv in die Planungen für das 160-Millionen Euro-Projekt gegangen sind. Zwar hat das offizielle Wuppertal seine Vorgaben erfüllt, teils sogar übererfüllt, doch die privaten Partner liefern nichts, weil nichts schriftlich verabredet wurde. Von wegen „die machen das schon“. Wer als Privatmann auf diese Weise sein Haus baut, bekommt noch nicht einmal einen rostigen Geräteschuppen.

Für Wuppertal bedeutet das: Die Bahn schert sich einen feuchten Kehricht um den Zustand des einzigartigen Hauptgebäudes, der Eigentümer der Bundesbahndirektion ist - freilich ohne Schuld - am Versuch gescheitert, in der wunderbaren Immobilie ein Factory-Outlet-Center zu eröffnen, und die neue Bescheidenheit von Primark setzt dem ganzen Abgesang die Krone auf. Das war’s dann ja wohl mit der Renaissance Wuppertals als funktionierendes Oberzentrum des Bergischen Landes, oder?

Mitnichten. Denn das Glas ist immer noch halbvoll. Auch im aktuellen Zustand ist der Döppersberg das Beste, was es dort nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkrieges gegeben hat. Nur muss sich nun jemand finden, der die immer noch vorhandenen Fäden aufnimmt und zusammenknüpft. Im Klartext heißt das: Verzicht auf das Café Cosa an der Geschäftsbrücke, unmissverständliche Gespräche mit Betreibern und Besitzern des Primark-Gebäudes über eine sinnvolle Nutzung auch künftig ungenutzter Etagen, mehr ÖPNV an den neuen Busbahnhof, wenn es gar nicht anders geht 10 000 Beschwerdebriefe an den Bahnvorstand über die dauerhaft unverschämte Vernachlässigung einer wichtigen Großstadt. Das Wichtigste aber sind Gespräche mit dem Eigentümer der Bundesbahndirektion. Dieses Haus muss kein schnöder Einkaufspalast sein. Es gibt Dutzende von Möglichkeiten, die Immobilie nutz- und gewinnbringend zu vermarkten - im Sinne der Stadt und im Sinne des Eigentümers. Wenn sie kein neues gemeinsames Zentrum der Bergischen Städte sein kann, dann beispielsweise doch bestimmt ein Standort für altengerechtes, innenstadtnahes Wohnen, für hochwertige Gastronomie und womöglich ja auch für ein Hotel, das die Kategorie überdurchschnittlich auch verdient. Noch ist also nichts verloren am neuen Döppersberg. Doch das Endspiel ist angepfiffen, und es steht 0:2. Umso mehr braucht das Projekt nun die Entschlossenheit jener, die es einst voranbrachten. Umso mehr müssen CDU und SPD jetzt um die Früchte kämpfen, die sie vor mehr als zehn Jahren gesät haben. Und wenn es die letzte gemeinsame große Tat gewesen sein sollte. Wuppertal und das Umland werden es ihnen danken.