Wuppertal Offene Ganztagsschule: Eltern wehren sich gegen starre Regeln

Eine Initiative wirbt landesweit für eine familienfreundliche offene Ganztagsschule. In Wuppertal sind Ausnahmen vorgesehen.

Gegen die strenge Regelung, dass Kinder in der Offenen Ganztagsschule bis mindestens 15 Uhr bleiben müssen, wehrt sich eine Elterninitiative aus Haltern. Foto: dpa

Gegen die strenge Regelung, dass Kinder in der Offenen Ganztagsschule bis mindestens 15 Uhr bleiben müssen, wehrt sich eine Elterninitiative aus Haltern. Foto: dpa

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Wuppertal. Kinder, die eine Offene Ganztagsschule (OGS) besuchen, müssen an fünf Tagen pro Woche bis mindestens 15 Uhr dortbleiben. Denn die Teilnahme an der OGS ist verpflichtend. So sieht es ein Erlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes NRW vor. Die Eltern haben meist keine Wahl, wenn sie auf die Betreuung angewiesen sind, weil beide arbeiten.

Gegen diese Regelung wehrt sich eine Elterninitiative aus Haltern. Sie hat die „Petition für eine familienfreundliche Offene Ganztagsschule“ gestartet. Anlass ist eine Prüfung durch die Gemeindeprüfanstalt. Sie prüft in den Kommunen, wie die Regelung für die OGS umgesetzt wird.

„Das ist nicht nur ein lokales Thema“, sagt Christian Zehren von der Elterninitiative. Mit der Petition solle die Landesregierung darauf aufmerksam gemacht werden, dass es einen Missstand gibt. „Ganz viele Dinge werden torpediert“, sagt Zehren. Als Beispiel nennt er Großeltern, die ihre Enkel früher abholen könnten, oder auch Mütter, die ihr Kind manchmal früher abholen wollen, weil sie in Teilzeit arbeiten. Er schlägt unter anderem vor, dass sich Kinder Plätze teilen, wenn nicht fünf Tage benötigt würden, damit öffentliche Mittel nicht verschwendet werden.

In Wuppertal müssen Grundschüler die OGS bis mindestens 16 Uhr besuchen. „Wie bei jeder Regel gibt es aber immer Ausnahmen,“ sagt Stefan Kühn, Sozialdezernent der Stadt Wuppertal. Das könnte im Einzelfall der Geburtstag der Oma sein oder auch Ausnahmen wie der wöchentliche Besuch eines Sportvereins, Musikunterricht oder Therapien wie Logopädie und Motopädie. „Die OGS soll ein strukturiertes Bildungsangebot sein, mit verlässlichen Beginn- und Endritualen“, so Kühn.

„Das ist ein ganz schwieriges Thema“, findet Christiane Durst-Regneri. Sie ist die Koordinatorin der Caritas für die OGS. „In Wuppertal wird die Regelung sehr rigoros umgesetzt“, so ihre Einschätzung. Sie kann verstehen, dass Eltern sich wünschen, ihre Kinder ab und zu früher abzuholen. „Es ist aber aus pädagogischer Sicht nicht sinnvoll, dass Eltern zu jeder beliebigen Zeit kommen können“, sagt Durst-Regneri. Die OGS habe einen Bildungsanspruch und es sei ungünstig, wenn ein Kind aus einem Spiel herausgerissen werde.

Den Anspruch der OGS, eine Förder- und Bildungseinrichtung zu sein, sehen einige Eltern kritisch. „Die OGS ist eine riesige Verwahrungsanstalt“, sagt eine Mutter (Name der Redaktion bekannt). In der Hausaufgabenbetreuung sei es egal, was ihre Tochter mache. Die AGs, die nachmittags angeboten würden, seien aber gut.

Sarah Schomaker berichtet, dass es kein Problem ist, ihre Tochter früher aus der OGS an der Grundschule Haselrain abzuholen. Das kommt der Krankenschwester entgegen, die im Schichtdienst arbeitet. „Meine Tochter will aber von sich aus gerne länger in der OGS bleiben“, sagt Schomaker.

Bärbel Hillger, Leiterin der oGa Ta e.V. in Wuppertal sieht ein Hauptproblem bei der Diskussion um die OGS: „Der Erlass des Ministeriums lässt in vielen Bereichen Interpretationsmöglichkeiten zu.“ Jede Kommune habe eigene Elternverträge. Zugleich drohe die Bezirksregierung, Geld zurückzufordern, wenn Kinder zu häufig in der OGS fehlten.

Das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes NRW verweist auf Anfrage auf den Runderlass von 2010 zur OGS. Daran habe sich bis heute nichts geändert, so ein Sprecher. Das Ministerium überlasse den Schulen, wie sie mit der Regelung umgehe. Denn die seien näher an den Bedürfnissen der Eltern und Schüler dran.

Dass das offenbar nicht immer der Fall ist, beweisen mehr als 14000 Unterschriften für die Petition von Christian Zehren und seine Mitstreiter — davon stammen knapp 60 aus Wuppertal.