Wuppertal Bernsteinzimmer-Sucher: Zu Gast unter dem Paradeberg

Die Bernsteinzimmer-Sucher sind wieder unterwegs. Diesmal in einem alten Stollen.

Dennis Issel (l.) und Nikolaus Brandau vor der Nische, hinter der sie eine kleine Höhle entdecken werden.

Foto: Manuel Praest

Elberfeld. Was sie erwartet? „Wir wissen es nicht“, sagt Wilfried Fischer und wirkt ein bisschen aufgeregt. Es geht wieder unter Tage für den 65-Jährigen und seine Mitstreiter. Diesmal unter den Paradeberg. Den genauen Standort wollen sie nicht verraten. Ungebetene Gäste brauche man nicht. Schließlich hoffen die Männer, vielleicht diesmal doch fündig zu werden auf der Suche nach dem legendären Bernsteinzimmer. Zumindest mal Spuren zu finden. „Das ist einfach unser Hobby“, erklärt Fischer. Es gehe nicht um Reichtümer. „In einem anderen Stollen haben wir mal das ganze Inventar einer alten Apotheke gefunden, das war auch spannend“, erinnert er sich.

Überreste der Weinhandlung.

Foto: Klaus Stein

Der, der vor ein paar Jahren alles ins Rollen brachte, Fischer & Co. mit dem Schatzsucher-Virus infizierte, ist diesmal nicht dabei. Karl-Heinz Kleine ist aus privaten Gründen in die Heimat nach Leipzig zurückgekehrt, hält aber weiter den Kontakt nach Wuppertal, wie Fischer erklärt, während er vor der Eingangstür auf seine Kollegen wartet.

Der Stollen diente früher als Bunker.

Foto: Klaus Stein

Dass sich dahinter ein Bunker, genauer gesagt eine Stollenanlage aus dem Zweiten Weltkrieg befindet, ist schon länger bekannt. „Aber ich habe was entdeckt“, ist Fischer stolz. „Etwas, was nicht jedem auffällt“, erklärt er. Ein kleiner Spalt, zugeschüttet, in der Felswand. „Nee. Den hab ich auch noch nicht gesehen“, sagt Mit-Sucher Klaus Stein, als er mit er Gruppe im Inneren angekommen ist. Stein ist oft in Bunkern und Stollen unterwegs, macht Fotos unter Tage. Er kennt auch ein paar Details aus der Geschichte der Anlage, die im Zweiten Weltkrieg vor Bomben schützen sollte, später dann irgendwann als Weinlager genutzt wurde. Doch das dürfte länger zurückliegen, wie ein Streifzug durch die dunkle, feuchte Umgebung erahnen lässt. Hier und da sind alte, leere Flaschen zu sehen.

Wilfried Fischer hat früher beim Wupperverband gearbeitet und kennt sich unter Tage aus.

Foto: est

Ein bisschen Licht ins Dunkel der Geschichte bringt später auf WZ-Nachfrage Pfarrer Michael Bracht von der Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Sankt Petri. Als die nämlich 2008 ihren 150. Geburtstag feierte, war in der Jubiläumsschrift der Stollen ein Thema. Ein Nachbar erinnerte sich daran, wie er als Kind „im Schutze der St. Petri-Kirche“ den Angriff auf Elberfeld überstand. „Der rätselhafte Keller“, schreibt er, „bot Hunderten von Menschen Schutz.“ Nach dem Krieg, das weiß Bracht wiederum aus dem Kirchenarchiv, wurde der Stollen sogar für Jugendtreffen genutzt. „Die fanden das damals wohl cool.“ Irgendwann kam dann der Weinhändler, doch dessen Geschäft schloss vor Jahren seine Pforten. „Das muss vor 1998 gewesen sein“, erinnert sich Bracht. „So lange bin ich nämlich schon hier.“

Zurück zum Spalt: Den haben Dennis Issel und Nikolaus Brandau, zwei weitere Mitstreiter, inzwischen etwas frei geräumt. Der Blick fällt ins Dunkel dahinter. „Da geht es noch weiter“, sind die beiden sicher. Issel macht den Alterschnitt der „Rentner-Schatzsucher“, wie die internationale Presse Kleine und die anderen schon mal bezeichnete, etwas kaputt, wie er lächelnd einräumt. „Ich bin über die Facebook-Gruppe ,Historische Bilder aus Wuppertal’ dazu gekommen“, sagt er. Natürlich, die Jagd nach dem Bernsteinzimmer gehöre dazu. Vor allem mache es aber Spaß.

Während die beiden weiter hämmern, führt Fischer durch den begehbaren Rest der Unterwelt. Nischen in der Wand zeigen, wo einst Toiletten aufgestellt waren. „Und hier war die Entlüftung“, sagt er und zeigt auf ein Rohr nach oben. Ein mulmiges Gefühl macht sich breit, denkt man daran, wie sich hier einst Menschen zusammenkauerten, um Schutz zu finden.

Nebenan sind weiter die Klopfgeräusche zu hören. Es dauert, bis Issel und Brandau sich durch die Steine gekämpft haben. Dann ist erstmal Endstation. „Das ist eine Naturhöhle“, vermutet Fischer. Ziemlich klein, höchstens zum Durchkriechen. Aber auf jeden Fall untersuchenswert. „Das werden wir demnächst mal machen.“ Endlich eine Spur? Fischer bleibt gelassen. „Wenn wir was finden, ist gut — und wenn wir nichts finden, ist auch gut.“