Pflege von Demenzkranken – ein Beruf für Arbeitslose?

Projekt: Die Arbeitsagentur vermittelt erste Arbeitslose an Altenheime und Pflegedienste.

Wuppertal. Dass Langzeitarbeitslose auf Initiative des Bundesgesundheitsministeriums und der Bundesanstalt für Arbeit in der sozialen Betreuung von Demenzkranken eingesetzt werden sollen, wird bereits seit ein paar Wochen kontrovers diskutiert. Für die einen ist es eine Chance für Arbeitslose und wichtige Ergänzung in der Pflege von Demenz-Kranken. Andere sehen darin einen fragwürdigen Versuch, im Pflegebereich Geld zu sparen. Jetzt stellte auch die Agentur für Arbeit in Wuppertal ihre Pläne und einen exemplarischen Fall vor.

Fast zwei Jahre war Renate Ewers arbeitslos, als sie der Anruf von der Arbeitsagentur erreichte. Die Inhaberin des ambulanten Pflegedienstes Zemaitis, Dagmar Fuller, hatte sich an die Agentur für Arbeit gewand, weil sie eine Betreuungskraft für 20 Stunden die Woche suchte. Man durchforstete daraufhin die Karteien und stieß auf Renate Ewers.

Die 57-Jährige ist gelernte Medizinisch-Technische Assistentin (MTA) und hatte lange in einer Arztpraxis gearbeitet. "Außerdem habe ich anderthalb Jahre meinen Schwiegervater gepflegt", fügt sie hinzu. Ein Glücksfall. Und so verwundert es nicht, dass fortan alles schnell ging. Zwei Anrufe, ein Treffen, dann war die Zusammenarbeit besiegelt.

Seit dem 18. August kümmert sich die siebenfache Mutter nun um Demenzkranke. "Dabei geht es um die Betreuung, nicht um Pflege", betonen Arbeitsamt und Pflegedienst nachdrücklich. Und diese Betreuung wird zusätzlich zu den bisherigen Diensten angeboten. "Ich gehe mit den Menschen spazieren, bastle mit ihnen, lese ihnen vor", erzählt Renate Ewers. Zum Teil erledige sie auch hauswirtschaftliche Tätigkeiten. "Das ist von Patient zu Patient unterschiedlich", sagt sie, "wichtig ist es, auf ihre individuellen Wünsche einzugehen." Ihr macht der neue Beruf Spaß. "Ich bin glücklich, dass ich endlich wieder arbeiten kann." Ein Idealfall.

40 zusätzliche Kräfte werden in Wuppertal und Velbert nach einer Umfrage der Agentur für Arbeit derzeit von Altenheimen und sozialen Trägern für die Betreuung von Demenzkranken gesucht. Die Stadt wollte dazu bislang keine konkreten Angaben machen. "Am Ende entscheiden die Kassen, für wie viele Stellen sie Geld geben", sagt Jeanette Wölling, Arbeitsvermittlerin des Agentur für Arbeit. Darum seien viele mit ihren Angaben so vorsichtig. Wölling: "Wenn sie Planstellen schaffen, müssen sie sie auch besetzen."

Der Bedarf ist jedenfalls da. Doch nicht jeder ist in diesem Beruf gut aufgehoben. "Wir gehen nur auf die Leute zu, die aufgrund ihrer früheren Arbeit geeignet erscheinen", sagt Volker Hilkenbach, Leiter der Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit. Ist der Kandidat interessiert, werde er von Experten begutachtet und anschließend in 160 Stunden für die neue Aufgabe qualifiziert. In einer Art Praktikum kann er dann Eindrücke sammeln. Ein System, das funktioniert und mit dem alle Beteiligen zufrieden sind. Alle?

Ursula Marcus kommt bei diesem Thema in Rage. "Das ist das Letzte", schimpft die Angehörige der Alzheimer Selbsthilfegruppe. "Man tut gerade so, als könne jeder, der sonst nirgends untergekommen ist, diese schwierige Arbeit machen. Dabei ist es eine der anspruchsvollsten Tätigkeiten überhaupt!"

Alzheimer-Patienten seien nicht nur häufig aggressiv, sie können sich auch nicht mehr genau äußern. Man müsse die subtilen Zeichen verstehen, ihre Ängste kennen, sie in ihrer schwierigen Persönlichkeit achten. "Es kann nicht darum gehen, ein paar Arbeitslose weniger in der Statistik zu haben - das wäre das falsche Ende des Problems!"