Tanz Suche nach Gemeinsamkeiten
Wuppertal · Tanztheater Pina Bausch stellte das Projekt „Common Ground“ vor.
Es gilt fürs Erste geografisch: Das Tanztheater Pina Bausch geht neue Wege. Die strapazierte Formulierung passt zunächst insoweit, als sein neues Projekt nicht weniger macht als den Kontinent zu wechseln. „Common Ground / Das Frühlingsopfer“ feiert Premiere am 25. März in Dakar, der Hauptstadt des afrikanischen Staates Senegal.
Pina Bauschs berühmtes Tanzstück zum gleichnamigen Werk von Igor Strawinsky wurde 1975 uraufgeführt und gilt heute als Meilenstein. Die neue Produktion dazu trägt im Titel den Aspekt „Gemeinsamkeit“: „Common Grounds“, gemeinsame Grundlagen also. Dem entspricht die Zusammenarbeit mit Partnern, die unterschiedlich anmuten, von den Weltgegenden und dem jeweiligen kulturellen Hintergrund: Die Kooperation der Pina Bausch Foundation umfasst die Ècole de Sables, eine Tanzschule nahe Dakar, sowie das Sadler’s Wells Theatre, ein Theater in London.
Zur Vorstellung des besonderen Vorhabens luden die Verantwortlichen ins alte Schauspielhaus an der Bundesallee. Salomon Bausch, Sohn der Tanzikone und Vorstand der Stiftung, gab Auskunft zum Hintergrund. Tanztheater-Mitglied Jorge Puerta Armenta habe die Idee gehabt, „Sacre“ nicht mit einer anderen Kompagnie aufzuführen, sondern in einer Besetzung, die speziell für die neue Produktion gesucht wurde. In Brüssel habe er, Bausch, eine Aufführung gesehen, die ihn enorm beeindruckt habe: „Ich habe es wie ein Groupie gesehen.“ Zur Akteurin, Germaine Acogny, knüpfte er demnach dann schnell Kontakt.
Acogny wurde schon „Grande Dame des afrikanischen Tanzes“ genannt und ist Gründerin der „Ecole des sables“. „It’s a real dance village“, „es ist ein richtiges Tanzdorf“ beschrieb Bausch sie in der komplett englisch und französisch gehaltenen Präsentation. Man wurde sich einig. Acogny und Tänzerin Malou Airaudo suchten nach Tänzern, entschieden über die Bewerbungen. Nun sind sie bereits mitten in den Proben. Dritter im Bunde ist das Sadler’s Wells Theatre in London, das Alistair Spalding repräsentierte.
Das klassische Stück wird
in neue Einzelteile gesplittet
Zur Herangehensweise an das schon klassische Stück, hieß es: „Man muss es in kleine, kleine Stücke aufspalten.“ Germaine Acogny betonte: „Es wird keine afrikanische Version.“ Und Malou Airaudo formulierte: „Ich finde etwas, woher wir kommen.“ Es wird nicht nur ein Sprachenproblem gewesen sein, dass noch nicht alles ganz klar wurde. Einig war man sich, dass in der Produktion Menschen aus ganz verschiedenen Kontexten zusammen finden. Nicht zuletzt erwähnte Acogny den Aspekt Disziplin, zu dem es verschiedene Traditionen gebe.
Wieweit der Ansatz sich auch im Ergebnis spiegeln soll: Das bleibt wohl abzuwarten. An Fragen zur Umsetzung entzündete sich sogar ein Moment der Verstimmung: Die Kulturjournalistin Anne-Kathrin Reif, dem Tanztheater eng verbunden, bat um eine Einschätzung dazu, ob nicht die Gefahr von afrikanischen „Klischees“ im Raum stehe. Acognys Replik war scharf: „There is no space for clichés“ – es gibt gar keinen Raum für Klischees. Das Stück mit seinen Gesten stehe fest.
Die Unsicherheit schien nicht abwegig: Wenn natürlich keine afrikanische Folklore zu erwarten ist und das Stück auch nicht verändert werden soll: Was genau darf man denn dann erwarten? Auf dem Podium einigte man sich, dass die Gefahr von Klischees durchaus bestand und man sich dieser bewusst war. Eine Zuschauerin versuchte sich an einer versöhnlichen Aussicht: „I see it as a chance to change my view of Africa“ („Ich sehe es als Gelegenheit, meine Sicht auf Afrika zu ändern.“)
Was im Einzelnen aus der Zusammenarbeit wird, zeigt sich in Wuppertal am 9. April: Ab dann bis zum 12. April ist die Koproduktion auch im hiesigen Opernhaus zu sehen.