Wuppertal Primark: „Unsere Ware wird nicht gemacht, um weggeworfen zu werden“

Wolfgang Krogmann, der Deutschland-Chef von Primark, wehrt sich gegen Vorwürfe, das irische Unternehmen verkaufe Ex- und Hopp-Textilien.

Wolfgang Krogmann (r.) ist Deutschland-Chef von Primark. Mit WZ-Lokalchef Lothar Leuschen sprach er über die neue Filiale in Wuppertal — und über die Kritik an dem Unternehmen, die immer wieder laut wird.

Foto: Fischer, A. (f22)

Wuppertal. Irgendwann im Jahre 2018 wird auch Wuppertal zu den Städten gehören, in denen der irische Textilsupermarkt Primark seine Mode verkauft. Das stößt in der Stadt von Friedrich Engels nicht auf ungeteilte Freude. Kritiker werfen Primark vor, Einwegtextilien zu verkaufen. Sie prangern die Umstände an, unter denen die Waren überwiegend in China, Indien und Bangladesh hergestellt werden. Im Gespräch mit der Westdeutschen Zeitung verteidigt Primarks Generaldirektor für Deutschland und Österreich, Wolfgang Krogmann (60), das Unternehmen, spricht über Ethik und einen Verhaltenskodex, den Primark von der Konkurrenz unterscheidet.

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Herr Krogmann, Primark hat bereits Filialen unter anderem in Düsseldorf, Köln, Krefeld, Essen und Dortmund. Warum jetzt auch noch Wuppertal?

Krogmann: Wuppertal ist keine kleine Stadt. Wir wissen, dass viele unserer Kunden von hier aus in umliegende Städte fahren. Und wir bekommen hier einen sehr guten Standort, der zentral ist und verkehrstechnisch sehr gut angebunden.

Ist das Gebäude auf dem Döppersberg Ihretwegen um mehr als 20 Meter nach Westen verschoben worden?

Krogmann: Nein, wir sind da ja auch nur Mieter. Für uns spielt es keine Rolle, wo auf der Fläche das Gebäude steht.

Welche Verkaufsfläche wird Primark in Wuppertal haben?

Krogmann: Etwa 4500 Quadratmeter auf drei Etagen, plus Nebenflächen.

Wie viel Personal?

Krogmann: Wir beschäftigen 230 Leute, davon etwa ein Drittel Vollzeit. Die anderen arbeiten 20 bis 28 Stunden pro Woche. Und wir bezahlen nach dem Flächentarif des Einzelhandels.

Mit welchem Umsatz rechnen Sie in Wuppertal?

Krogmann: Wir sind ein zum Teil börsennotiertes Unternehmen. Umsatzzahlen werden im Laufe des Novembers bekanntgegeben. Ich kann dazu nichts sagen. Was Umsätze der einzelnen Standorte angeht, machen wir aber ohnehin keine Angaben.

Die Ankündigung, das Primark nach Wuppertal kommt, hat nicht nur helle Freude ausgelöst. Ihr Unternehmen steht in der Kritik. Es ist von Einwegklamotten die Rede, die unter schlechten Bedingungen hergestellt wird.

Krogmann: Die das sagen, haben mit uns nie gesprochen. Sonst wüssten sie, dass unser Geschäftsmodell ist, Vernünftige Qualität zu einem guten Preis anzubieten - hergestellt unter guten Bedingungen.

Und wie machen Sie das?

Krogmann: Wir sind ein sehr schlank organisiertes Unternehmen. Dadurch können wir es uns leisten, den Verkaufspreis niedriger zu kalkulieren. Wir schalten auch fast keine Werbung und haben eine niedrigere Marge als andere. Der Umsatz entsteht dann über die Menge, die wir absetzen können.

Also nicht einfach nur billig?

Krogmann: Nein. In 98 Prozent der Fabriken, in denen wir produzieren lassen, werden auch Textilien unserer Konkurrenz hergestellt - auch teure Marken. Unser Geschäftsmodell beruht darauf, dass wir einige simple Dinge anders machen als andere Händler. Wir kalkulieren einfach anders.

Wo stehen denn die Fabriken, in denen Sie arbeiten lassen?

Krogmann: Wir haben Partner in China, Indien und Bangladesch, aber auch in Rumänien und der Türkei. Sie können nicht in jedem Land jedes Produkt herstellen lassen. Das hängt auch mit den jeweils benötigten Ressourcen zusammen.

Und wie ist es mit den Arbeitsbedingungen? Im Zusammenhang mit Primark fällt immer wieder auch der wenig schöne Begriff der Bluttextilien.

Krogmann: Das können nur Leute sagen, die noch nie in den Fabriken waren, in denen wir produzieren lassen. In den Betrieben wird nach einem Verhaltenskodex gearbeitet. Diesen Kodex haben wir unter anderem mit Gewerkschaften und Non-Profit-Organisationen entwickelt.

Und prüfen Sie auch, ob sich jemand daran hält?

Krogmann: Das tun wir. Allein im vergangenen Geschäftsjahr hat es 2600 Kontrollen gegeben.

Was geschieht bei Verstößen?

Krogmann: Grundsätzlich sind wir an langfristiger Zusammenarbeit mit den Produzenten interessiert. Wer aber dauerhaft gegen den Kodex verstößt, von dem trennen wir uns.

War Primark nicht auch vom Einsturz des Rana Plaza-Gebäudes vor drei Jahren in Dhaka betroffen?

Krogmann: Ja. Und wir waren auch die Ersten, die vor Ort waren, um Hilfe zu leisten. Mehr als 28 Marken arbeiteten mit Fabriken in Rana Plaza. Den Familien der Opfer haben wir den Lohn für sechs Monate ausbezahlt und langfristige Entschädigungen an die 672 Arbeiter, die für unseren Zulieferer tätig waren, und deren Angehörige. Außerdem beschäftigen wir seither einen Statiker, der die Gebäudesicherheit der Fabriken prüft, die für uns arbeiten wollen. So etwas darf sich nicht wiederholen.

Sie reden von Kodex und Ethik, gleichzeitig verkaufen Sie Waren, die Menschen in Fernost mit ihrer Hände Arbeit hergestellt haben, in Deutschland als Einwegmode zu Schleuderpreisen.

Krogmann: Unsere Ware wird nicht gemacht, um sie wegzuwerfen. So etwas zu behaupten, ist Kunden gegenüber ungerecht, die nicht so viel Geld haben, Studenten, Jugendliche, Auszubildende zu Beispiel. Die kaufen bei uns, um die Anziehsachen länger zu tragen. Unsere Qualität ist darauf ausgelegt. Und die Textilien gehen in die Wiederverwertung wie etwa über Second-Hand-Läden.

In seiner Rede vor der Industrie- und Handelskammer Wuppertal hat Bischof Woelki Primark Anfang dieses Jahres des rücksichtlosen Manchester-Kapitalismus beschuldigt. Haben Sie dem Bischof das auch alles so erklärt?

Krogmann: Direkt leider nicht, aber einem seiner Vertreter. Und ich hatte den Eindruck, dass wir dort auf positive Resonanz gestoßen sind. Die Fragen sind doch allesamt berechtigt. Und wir können Sie beantworten. Wer aber bei uns nach Fehlern sucht, der sollte das bitte auch einmal bei anderen machen. In den von uns beauftragten Fabriken werden nicht nur unsere Produkte erzeugt. Und ein niedriger Preis bedeutet nicht, dass Produktionsbedingungen schlecht sind. Wir nehmen unsere Verantwortung ernst.