Prozess um Mord am Spielplatz
Vor dem Landgericht begann gestern das Verfahren um die tödlichen Messerstiche an der Tejastraße.
Wuppertal. „Das Messer traf ihn rechts am Hals, trennte den Kopfnickermuskel, verletzte die Halshohlvene — .“ Als Staatsanwalt Hauke Pahre diese detailgenaue Beschreibung der Verletzungen verliest, schluchzt die Mutter des Opfers laut auf. Die beiden Eltern sowie eine Schwester und ein Bruder sitzen als Nebenkläger mit im Gerichtssaal. Verhandelt wird er Tod ihres Sohnes und Bruders (22) am 25. November 2015. Angeklagt ist ein 21-Jähriger. Er soll den ein Jahr Älteren neben dem Spielplatz an der Tejastraße mit einer Stichwaffe tödlich verletzt haben.
Das 22-jährige Opfer hatte sich noch schwer verletzt in die Nähe der Kirche St. Marien vor einen VW-Bus geschleppt, war dort zusammen gebrochen und gestorben. Laut Anklage sollen sich die beiden jungen Männer zuvor auf dem nahegelegenen Spielplatz an der Tejastraße um Drogengeld gestritten haben.
In einer SMS des 22-Jährigen an den Angeklagten von vor dem Treffen ist erkennbar, dass er Geldforderungen an den Angeklagten hatte, er fordert darin etwas, was ihm zustehe. Bei dem Streit soll der 22-Jährige dem 21-Jährigen mit Sandhandschuhen ins Gesicht geschlagen und ihm hierdurch eine blutende Verletzung an der Nase zugefügt haben. Dann soll er sich abgewandt haben und Richtung Kirche gegangen sein, weil er dachte, sein Kontrahent sei außer Gefecht gesetzt.
Der 21-Jährige soll erkannt haben, dass der 22-Jährige nicht mehr mit einem Angriff rechnete und das ausgenutzt haben. Er soll ihn von hinten mit einem Stichwerkzeug attackiert, am Hals und am Rücken verletzt und dabei in Kauf genommen haben, ihn tödlich zu verletzen. Zwei Stiche trafen den 22-Jährigen in den Hals, einer von hinten in den Rücken und damit in den Brustkorb.
Staatsanwalt Hauke Pahre wirft dem Angeklagten Mord aus Heimtücke vor, ihm droht eine lebenslange Freiheitsstrafe. Vor Gericht blieb der eher schmächtige junge Mann gestern schweigsam: „Er wird sich derzeit weder zur Person noch zur Sache einlassen“, erklärte einer seiner beiden Verteidiger.
Das Gericht befragte stattdessen zwei Brüder des Opfers als Zeugen. Sie berichteten, dass der 22-Jährige in Wuppertal aufgewachsen ist, einen Hauptschulabschluss und eine Lehre als Anlage- und Maschinenführer gemacht hatte. Er wurde nach dem Abschluss vor zwei Jahren nicht übernommen, jobbte für eine Zeitarbeitsfirma. In den letzten Monaten habe er gar nicht mehr gearbeitet.
Stattdessen soll er sich viel mit anderen jungen Leuten aus dem Viertel getroffen haben: „Er war mit den falschen Leuten zusammen“, wusste sein älterer Bruder (37). Es sei bekannt, dass diese Leute „arbeitslos sind und krumme Dinger machen“, berichtete er. „Wenn man nicht arbeitet, lange schläft, ist man eher abends unterwegs“, versuchte er, das zu erklären. Seine Eltern seien „nicht erfreut“ darüber gewesen.
Ein weiterer Bruder (27) hatte einst selbst zu diesen Kreisen Kontakt, wurde wegen Drogendelikten verurteilt. „Wir haben alle miteinander zu tun gehabt“, erklärte er. „Wir sind seit der Kindheit zusammen.“ Nach seiner Verurteilung haber er seinen jüngsten Bruder, das spätere Opfer, gewarnt: „Ich habe mit ihm gesprochen, dass er nicht denselben Fehler macht wie ich.“
Mit dem Angeklagten habe er auch mal Streit wegen Drogengeschäften gehabt, dabei sei es auch zu Handgreiflichkeiten gekommen. Damals habe der Angeklagte gedroht: „Ich stech’ dich ab!“ Noch heute laufe es ihm kalt den Rücken herunter, wenn er daran denke.
Zu der SMS sagt er, er könne sich nicht vorstellen, dass sein Bruder etwas fordert, was ihm nicht auch rechtlich zustehe. „Ich kenne meinen Bruder.“
Für den Prozess sind insgesamt noch acht weitere Verhandlungstage vorgesehen. Zahlreiche Zeugen sollen noch befragt werden. Die Verkündung eines Urteils hat das Gericht bisher für den 8. Juli vorgesehen.