Wuppertal Ein Wuppertaler verlegt Christos Steg

Der Wuppertaler hat sich als freiwilliger Helfer für das neue Projekt des Künstlers gemeldet. In Italien baut er an der Brücke zu zwei kleinen Inseln.

Foto: Karin Moser

Wuppertal. Den Reichstag hat er frisch verpackt und Inseln mit einer Schleife dekoriert. Diesmal baut Christo Brücken. Das Garn für seine filigranen Gespinste hat ein Wuppertaler Unternehmen geliefert und damit auch Ingo Moser gefesselt. „Als ich den Bericht in der WZ darüber gelesen habe, war mir sofort klar, dass ich mir das ansehen muss“, berichtet der 68-Jährige. Kurzentschlossen bewarb er sich als freiwilliger Helfer für den Aufbau der schwimmenden Stege, die zwei Inseln im italienischen Inseosee mit dem Festland verbinden sollen.

Foto: Karin Moser

„Christos Projekte finde ich einfach faszinierend und es hat mich gereizt, mitzugestalten und mitzuformen“, sagt der Wuppertaler. Er hat die Gegend bereits im vergangenen Jahr im Urlaub bereist und ist sehr gespannt auf die Wirkung des 16 Meter langen begehbaren Bauwerks, das sich zwei Wochen lang über das Wasser spannen soll. „Es ist das Besondere dieses Werks, dass Christo etwas inszeniert, das die ganze Welt interessiert“, betont Ingo Moser.

Die Begegnungen mit Menschen aus ganz unterschiedlichen Kulturkreisen stehen für den Wuppertaler bei dieser speziellen Dienstreise im Mittelpunkt. „Teilnehmer aus der ganzen Welt zu treffen, ist einfach wunderbar. Wenn man nach zwei Tagen eine ernst gemeinte Einladung nach Australien bekommt, zeigt das, wie sehr diese Stimmung Verbindungen schafft. Genau diese Art von Verständigung brauchen wir für ein friedvolleres Miteinander.“ Ingo Moser ist bereits auf eigene Kosten in der vergangenen Woche mit dem Wohnmobil nach Italien aufgebrochen, um rechtzeitig zum ersten Training am Samstagmorgen vor Ort zu sein.

„Es sollte um 7 Uhr mit einem Frühstück losgehen, vor Ort war es dann aber ziemlich chaotisch. Wir mussten noch einmal die Formulare ausfüllen, die Pässe waren noch nicht gedruckt, doch die gute Stimmung konnte das nicht trüben.“ Alle seien aufgeregt gewesen und die allgemeine Vorfreude groß. „Heute sind wir mit Motorbooten zum ersten Mal zum Steg rausgefahren“, berichtet der 68-Jährige. Gemeinsam mit rund 120 Freiwilligen ist es in den nächsten Tagen seine Aufgabe, die zwei Schichten Tuch auf der Konstruktion zu verteilen. „Hubschrauber haben die 30 Meter langen Bahnen gebracht und ganz präzise verteilt.“ Sie werden später auf dem Wasser miteinander vernäht und dann seitlich mit Karabinern versehen, damit Taucher sie später spannen können. „Das ist alles ein Riesenaufwand.“

Während der Einweisung gesellte sich Christo ganz unauffällig zu der Gruppe hinzu. „Er hat sich das alles angehört, als sei er einer von uns“, sagt Ingo Moser. Ihn hat die Begegnung mit dem Künstler nachhaltig beeindruckt. „Er kontrolliert alles ganz genau und ist ein sehr akribischer Arbeiter.“ Der Wuppertaler nutzte die günstige Gelegenheit, um dem Künstler zu seinem 81. Geburtstag zu gratulieren. „Es war ein Tag voller Emotionen.“

Während bei den Helfern die Begeisterung für das Projekt groß ist, scheint die Bevölkerung vor Ort das Treiben auf dem See eher skeptisch zu verfolgen. „Bei den Leuten spüre ich eine gewisse Zurückhaltung“, erzählt Ingo Moser. Vergeblich hat er in den Schaufenstern nach Plakaten und Hinweisen geschaut. Er vermutet, es könne mit der Vermarktung von Christo und seinem Projekt oder mit den damit verbundenen Einschränkungen zu tun haben. „Der direkte Schiffsverkehr zwischen Iseo und Sulzano ist beispielsweise eingestellt. Der Steg in Sulzano ist weder mit dem Auto, noch mit dem Rad oder zu Fuß, sondern nur mit der Eisenbahn oder einem Shuttle ab Pilzone erreichbar.“

In den nächsten beiden Tagen ist der Wuppertaler beim Verlegen der Stoffbahnen eingespannt. Eine intensive Einweisung hat er bereits bekommen. „Christos Tochter hat uns alles ganz genau erklärt und uns den ganzen Tag begleitet.“ Sobald der Aufbau abgeschlossen ist, muss er sein eigenes Stück Steg sauber und im Auge behalten. Die Sechs-Stunden-Schichten verteilen sich auf Tag und Nacht, denn nach der Eröffnung am Freitag sind Christos Brücken Tag und Nacht begehbar.