Klavierfestival Ruhr Sanderling freut sich auf die Historische Stadthalle

Michael Sanderling: · Interview Michael Sanderling dirigiert am 6. Juni das erste Wuppertaler Konzert des Klavierfestivals.

 Für Michael Sanderling gehört die Historische Stadthalle zu den ganz wenigen großartigen Sälen in Deutschland.

Für Michael Sanderling gehört die Historische Stadthalle zu den ganz wenigen großartigen Sälen in Deutschland.

Foto: Marco Borggreve

Am 6. Juni gibt es um 20 Uhr im Großen Saal der Stadthalle das erste Konzert des diesjährigen Klavier-Festivals Ruhr (KFR) hier in Wuppertal. Dann gastieren das erstklassige WDR Sinfonieorchester Köln und als Solisten die beiden weltberühmten Musiker Jean-Yves Thibaudet (Klavier) und Gautier Capuçon (Cello). Ein exquisites Programm haben sie mit im Gepäck. Die WZ sprach vorab mit dem ebenfalls renommierten Dirigenten Michael Sanderling.

Waren Sie schon einmal in Wuppertal und falls ja, welchen Eindruck hat die Stadthalle auf Sie gemacht?

Zweimal war ich vor gefühlt 100 Jahren schon einmal da. Das erste Mal spielte ich mit dem Sinfonieorchester Wuppertal als Cellist das Doppelkonzert von Johannes Brahms. Dann war ich noch einmal im Rahmen einer Tournee mit dem Rundfunksinfonieorchester Berlin da. Ich war von der Stadthalle begeistert. Es ist viel zu wenig bekannt, dass sie zu den ganz wenigen wirklich großartigen Sälen in Deutschland gehört. Ich freue mich sehr, wieder da zu sein.

Sie sind bis zum Ende der Spielzeit Chefdirigent der Dresdner Philharmonie. Was machen Sie anschließend?

Sanderling: Ich halte mein Versprechen auch gegenüber meiner Familie ein, dann für zwei Jahre ohne eine feste Position tätig zu sein. Mittelfristig strebe ich aber wieder eine Stelle als fester Chefdirigent eines Orchesters an.

Haben Sie schon zuvor einmal mit dem WDR Sinfonieorchester Köln zusammengearbeitet?

Sanderling: Ja, einmal mit einer Messe von Franz Schubert.

Gibt es einen roten Faden im Programm?

Sanderling: Nein, das muss nicht immer sein. Seit dem 19. Jahrhundert haben auch Nummernprogramme ihre Berechtigung.

Warum präsentieren sie Paul Hindemiths leider viel zu selten aufgeführte „Suite Französischer Tänze“, von ihm neu eingerichtete Stücke aus der Renaissance?

Sanderling: Mir ist es wichtig, zu zeigen, wo der Ursprung der Orchestermusik liegt. Damit kehre ich also zu den Wurzeln von Musik überhaupt zurück. Ich bin gespannt, wie kreativ die Orchestermusiker mit der im 16. Jahrhundert üblichen Verzierungskunst umgehen. Hindemith wünscht sich ausdrücklich einen kreativen Umgang damit in seinem Vorwort zur Partitur.

Eine deutsche Erstaufführung ebenfalls ist zu erleben: das im letzten Herbst in Australien uraufgeführte etwa halbstündige Werk „Eros athanatos - Fantaisie concertante for violoncello, piano and orchestra“ des Schweizer Komponisten Richard Dubugnon. Es wurde unter anderem vom KFR in Auftrag gegeben. In welcher Tonsprache ist das Stück gehalten?

Sanderling: Ich habe den Komponisten bereits kennengelernt. Ich schätze seine Freundlichkeit und Heiterkeit. Diese Wesenszüge kommen auch in diesem Werk vor. Das ist nicht selbstverständlich. Jedenfalls ist es kein experimentelles Stück. Die Musik ist zwar nicht tonal, hat aber viel Atmosphäre. An Filmmusiken angelehnte Klänge kommen vor. Die Ästhetik ist romantisch, aber mit neuen Formen und Inhalten.

Schließlich steht Peter Iljitsch Tschaikowskys berühmte 6. Sinfonie („Pathétique“) auf dem Programm. Was halten Sie von ihr?

Sanderling: Sie ist ein Vermächtnis Tschaikowskys. Ich bin davon überzeugt, dass er seinen baldigen Tod während des Schreibens vorausgesehen und damit die Idee der 9. Sinfonie von Gustav Mahler vorweggenommen hat. Formal gerade mit dem langsamen Satz am Schluss und inhaltlich ist sie wegweisend gewesen. Sie ist für alle, Musiker wie Zuhörer, eine emotionale Herausforderung. Denn darin geht es um Abschied, Tod und um das, was danach kommt.