Kommentar Schallende Ohrfeige - Stadt verliert im Prozess um Adolphe Binder
Meinung | Wuppertal · Schallender kann eine Ohrfeige kaum sein. Es ist ziemlich sicher, dass Dirk Hesse, Johannes Slawig und Matthias Nocke sich auch am Tage nach dem Urteil noch die Wangen reiben.
Im Grunde hat das Wuppertaler Arbeitsgericht dem Geschäftsführer des Tanztheaters Pina Bausch, dem Personaldezernenten und dem Kulturdezernenten der Stadt Wuppertal am Donnerstag schlicht Versagen ins Stammbuch geschrieben. Und das mit dem Ergebnis, dass die geschasste Intendantin Adolphe Binder eigentlich eben nicht geschasst ist. Es gibt keine Abmahnung, die juristischer Prüfung Stand hält, es gibt folglich auch keine Kündigung.
Nun eilt dem hiesigen Arbeitsgericht der Ruf voraus, eher auf Seiten der Arbeitnehmer zu stehen. Aber es wäre ungerecht, den Urteilsspruch auf so eine grundsätzliche Bevorzugung zurückzuführen, die gerüchteweise kursiert. Der Richter hat die fristlose Kündigung des auf fünf Jahre befristeten Vertrag Binders so vehement verneint, dass hinter seiner Sicht der Dinge mehr stehen muss als bloße Sympathie des vermeintlichen Davids im Kampf gegen den vermeintlich Goliath. Das erweckt zumindest den Anschein, dass nicht jeder auf Seiten der Gegner Binders seine Hausaufgaben erledigt hat.
Dennoch bringt das Urteil am Ende nicht mehr als eine höhere Abfindung für die Intendantin. Dass sie nach all dem Streit, nach all der schmutzigen Wäsche in das Tanztheater zurückkehren und mit jenen weiter arbeiten kann, die mit ihr auf keinen Fall mehr arbeiten wollen, ist vollkommen ausgeschlossen – unabhängig davon, wie das Landesarbeitsgericht in ein paar Monaten entscheidet.
Was es entscheidet, ist freilich völlig offen. Denn auf hoher See und vor Gericht ist ein jeder in Gottes Hand. Vor allem dann, wenn er nicht hundertprozentig vorbereitet ist.