Scherben in der Salami: Wer hat sie ausgelegt?
Vor mehr als einem Jahr soll in Ronsdorf mit Glassplittern gespickte Wurst gefunden worden sein. Deswegen muss sich ein Ex-Soldat (82) vor Gericht verantworten.
Wuppertal. Die gute Nachricht vorweg: Abgesehen von heller Aufregung rund um ein Wäldchen in Ronsdorf hat es keinen messbaren Schaden gegeben, nachdem dort zur Osterzeit 2012 mit Scherben gespickte Salamistücke gefunden worden sein sollen — keine verletzten Hunde, keine verletzten Menschen. Doch der Fall ist in einen stets gut besuchten Indizienprozess gemündet: Wie berichtet, muss sich ein 82 Jahre alter Mann vor dem Amtsgericht wegen des Vorwurfs der versuchten Sachbeschädigung verantworten.
Beim Prozessauftakt hat der Rentner — in seiner Wohnung soll die Polizei Wurstverpackung gefunden haben — die Vorwürfe bestritten (die WZ berichtete). Am Dienstag wurden weitere Zeugen gehört. Und die Befragung offenbarte das Dilemma des Falls: Es gibt zwar eine Reihe von Personen, die einen alten Mann in jenem Wäldchen beim Ablegen von präparierten Wurstködern gesehen haben. Doch bislang hat sich niemand gefunden, der diesem Mann Auge in Auge gegenüberstand.
Soll heißen: Niemand hat den bislang völlig unbescholtenen Angeklagten als Köderleger identifizieren können. Und ausgerechnet an jenem Wäldchen leben mehrere Senioren — in einer für sie angelegten Wohnanlage.
Mehr als ein Jahr nach der Köderlegung bleiben weiter jede Menge Fragen unbeantwortet. Zum Beispiel die an einen Zeugen, der immerhin 30 Jahre jünger als der Angeklagte ist. Er sei am Karfreitag mit seinem kleinen Hund im Wäldchen etwa 15 Meter hinter einem alten Mann hergegangen. Dabei habe er gesehen, dass der Senior im Gehen einen Köder aus seiner rechten Manteltasche fallen ließ. „Warum sind Sie dem alten Mann nicht einfach hinterhergegangen und haben ihn zur Rede gestellt?“, wollte Richterin Ute Wierzba vom Zeugen wissen. „Gute Frage, darüber ärgere ich mich jetzt auch“, kam als Antwort.
Diffizil ist auch die Kleiderfrage: War die Mütze des bislang nicht identifizierten Seniors weiß oder schwarz? War die Hose grau oder taubenblau? Fragen, die vielleicht die Polizei damals bei ihren Befragungen im Seniorenwohnpark hätte klären können. „Dazu haben wir leider nichts“, konstatierte Richterin Wierzba.
Die ominösen Wurstköder kamen übrigens gar nicht mehr zur Sprache. Derzeit geht das Gericht davon aus, dass die Mini-Salamis längst im Müll gelandet sind.
So wurde am Dienstag auch noch eine 83 Jahre alte Nachbarin des Angeklagten als Zeugin vernommen. Sie war damals von der Polizei befragt worden. Nach kaum fünf Minuten war die Befragung zu Ende. Zur Sache konnte die Seniorin nicht wirklich etwas sagen. Richterin Wierzba nahm kein Blatt vor den Mund: „Das ist nicht schön, dass man hier die alten Leute rankarren muss“, sagte sie. Nach Ende der Verhandlung hakte sie die 83 Jahre alte Zeugin unter und sorgte dafür, dass für die Seniorin ein Taxi bestellt wurde. Die Kosten dafür übernimmt der Staat. Und der Strafprozess um die Hundeköder von Ronsdorf wird fortgesetzt.