Schläge, Sprechchöre und jede Menge Wut
Zwischen Neonazis, Autonomen und Polizisten: Im Bahnhof Unterbarmen trafen am Samstag Welten aufeinander.
Wuppertal. Um kurz vor elf ist er menschenleer — der Bahnsteig in Unterbarmen. Einer der Polizisten, die unter schweren Helmen und Schutzwesten auf und ab gehen, hebt den Deckel eines Mülleimers, legt seinen Kopf schräg und wirft einen Blick in den Unrat. Nichts zu sehen. Der Deckel kracht zurück. Hoch über der Innenstadt klopfen die Rotorblätter eines Polizeihubschraubers durch den Morgen. Das Donnern lässt erahnen, dass die Ruhe trügt.
Die Männer und Frauen, um die sich hier in einer Stunde alles drehen wird, wenn die Gegendemonstranten aus Elberfeld eintreffen und der Bahnsteig blockiert wird, damit keine weiteren Neonazis aussteigen können, stehen auf der anderen Seite der Gleise. Sie werden von der Polizei ihrem Sammelplatz zugewiesen — umfasst von Eisenschranken, einem Zelt für Personenkontrollen und Toilettenhäuschen für Polizisten. Die Zahl der Mannschaftsbusse zwischen Bahndamm und Ritterstraße ist Legion.
Eine Stunde später versperrt das Zelt am Sammelplatz Neonazis und Autonomen gleichermaßen den Blickkontakt: Die einen stehen immer noch zwischen Eisenstangen, die anderen dicht gedrängt auf dem Bahnsteig — eingekeilt von Polizisten. Bis zur Bahnsteigkante bleiben nur Zentimeter. Ein ICE, der wenige Meter entfernt durch den Bahnhof rauscht, unterstreicht, wie gefährlich das hier für beide Seiten ist: Um den Bahnsteig mit inzwischen gut 150 vermummten Autonomen zu räumen, werden alle Züge gestoppt.
Nichts fährt mehr, als das Handgemenge beginnt. In sicherer Entfernung geht ein Lieferwagen mit Stereoanlage in Stellung. Aus den Boxen dröhnt Musik der Gegendemonstranten — bis die rollende Disko abgestellt wird.
Meter für Meter werden die Autonomen von der Polizei vom Bahnsteig gedrängt. Zwischen Rechten und Linken liegen immer noch etliche Meter. Jetzt ist klar: Zumindest am Bahnhof werden sie nicht aufeinandertreffen. In Schreie und Sprechchöre auf dem Bahnsteig mischen sich Schläge, Tritte und viel Wut. Überwältigte und verletzte Demonstranten liegen am Boden — auf Augenhöhe mit herbeigeeilten Fotografen.
Die Züge fahren erst Stunden später wieder nach Fahrplan. Für alle hier draußen ist der Tag noch nicht vorbei. Die Krawalle verlagern sich in die Innenstadt. Szenen eines Samstags mit Autonomen, Neonazis und Polizisten, die zwischen ihnen stehen.