Schnappschuss 5: Eine Taxifahrt und eine Nacht im Prado
Schauspieler Stefan Walz liest im Von der Heydt-Museum ein Stück von Rodrigo Garcia.
Lars Eidinger brauchte in der Berliner Schaubühne ein Fellkostüm, Schallplatten-Ohren und einen CD-Player. Das war 2011, als Rodrigo Garcias Stück in Deutschland uraufgeführt wurde. Stefan Walz genügen Tisch und Stuhl, die gerade so auf einem Treppenpodest im Von der Heydt-Museum Platz finden. Ansonsten zieht der Schauspieler vom Ensemble der Wuppertaler Bühnen alle Register seines Könnens und bietet eine kurzweilige Lesung, die nachhallt. Das Performance-Format Schnappschuss kann auch in seiner fünften Auflage überzeugen.
Der Titel ist sperrig, was nicht so sehr daran liegt, dass er aus dem Spanischen übersetzt werden muss. Der gebürtige Kolumbianer Rodrigo Garcia (58) gehört zu den neuen Wilden im spanischen Theater, experimentiert, provoziert, schockiert, stellt Sehgewohnheiten in Frage. Er rechnet mit der westlichen Zivilgesellschaft ab, beklagt Armut und Arbeitslosigkeit. „Da soll mir lieber Goya den Schlaf rauben, als irgendein anderes Arschloch“ lautet also der Titel eines „Traumes eines Mannes um die 50 über das Wenn, das Dann und das Einmal“, führt Walz in die Geschichte ein. Heißt: Besagter Mann wirbt bei seinen zwei Söhnen dafür, in den Prado in Madrid einzusteigen und eine Nacht mit den Kunstwerken zu verbringen (wenn man schon nicht schlafen kann). Auf der Fahrt dorthin soll die drei der deutsche Philosoph Peter Sloterdijk begleiten. Für dieses einmalige Vergnügen will der Vater seine Ersparnisse in Höhe von 5000 Euro auf den Kopf hauen. Einen „wilden literarischen Kopfkino-Roadtrip“ versprach das Wuppertaler Schauspiel, Walz löst das Versprechen ein.
Im maßgeschneiderten Ambiente des Von der Heydt-Museums legt er sich gesten- und mimikreich ins Zeug, verschmilzt mit dem Vater, der sein Projekt immer wieder gegen eine Fahrt ins Disneyland Paris verteidigen muss. Der sich die wenigen Haare rauft, sich flehend auf den Tisch legt. Der Hoffnung schöpft und Rückschläge einstecken muss, denn das kapitalistische Denken der Jugend wankt kaum. Nur der Philosoph scheint wahre Werte wie eine Flasche Rotwein oder eine Scheibe Serrano Schinken zu schätzen.
Während sich die Zuhörer also bereits im Taxi wähnen und gespannt darauf warten, dass man sich bald per Steinwurf Zugang zum Museum verschafft, endet die Fahrt nach einer guten halben Stunde abrupt. Mit einem „Wir sehen uns im Prado“ entlässt Walz die Zuhörer in die Wuppertaler Nacht und die Vorfreude auf den sechsten Schnappschuss.