Schwebebahn hält jetzt in der JVA

Der Graffitikünstler Martin Heuwold gestaltete einen Verbindungsgang in der Ronsdorfer Justizvollzugsanstalt.

Foto: Martin Heuwold

Ronsdorf. Die Schwebebahn fährt nur bis Vohwinkel? Von wegen! Der Wuppertaler Street art- und Graffitikünstler Martin Heuwold, der unter dem Künstlernamen „Megx“ unter anderem für die Lego-Brücke über der Schwesterstraße bekannt ist, hat die Strecke des Wuppertaler Wahrzeichens verlängert — bis in die JVA in Ronsdorf. Dort schmückt seit Anfang des Jahres auf 18 Metern Länge eine Schwebebahn mit Wagenteilen verschiedener Generationen den unterirdischen Verbindungsgang vom Verwaltungs- in den Häftlingstrakt.

Ein Mitarbeiter der JVA sei mit der Idee auf ihn zugekommen, den ausschließlich von Angestellten genutzten Gang zu gestalten, erzählt Martin Heuwold. „Das Ganze sollte etwas mit Wuppertal zu tun haben.“ Da habe die Schwebebahn natürlich nahegelegen. Gemeinsam mit seinen Künstlerkollegen „Angus“ (Norman Schlegel) und „Birne“ (Dominik Hebestreit), mit denen er auch schon die traditionelle Graffiti-Krippe auf dem Laurentiusplatz gestaltete, machte er sich kurz vor Weihnachten 2017 an die Arbeit.

„Wir haben mehrere Tage nur gemessen und angezeichnet“, erinnert sich Heuwold. „Wir konnten wenig sprühen, dann hätte man es da nicht lange ausgehalten. In der JVA kann man ja schlecht einfach die Türen zum Lüften aufstellen.“ Stattdessen haben sie viel mit Pinseln, Stiften und Linealen gearbeitet. „Das war eine neue Herausforderung, aber wir haben viel dabei gelernt“, so Heuwold.

Der Flur beherbergt nun die drei wichtigen Generationen der Schwebebahn — vom Kaiserwagen über die orange-blaue Variante aus den 70er Jahren bis zum neuen hellblauen Wagon. „Wir haben ganz bewusst die Entwicklung der Wagen abgebildet“, erklärt Martin Heuwold. „Den Kaiserwagen sieht man nur als technische Zeichnung, im orange-blauen sind noch keine Menschen zu sehen. Die neue haben wir dann realistisch gemalt, damit klar wird, was Gegenwart ist und was Vergangenheit.“ Aus einem Fenster des Kaiserwagens schaut Tuffi heraus; in denen des futuristischen hellblauen Wagens sind Spiegelungen charakteristischer Wuppertaler Bauwerke wie der Historischen Stadthalle und der Schwimmoper zu sehen. „Nicht alle Angestellten der JVA kommen aus Wuppertal“, bemerkt Heuwold. „So können wir ihnen ein bisschen Stadtgeschichte vermitteln.“

Einen weiteren Gang der JVA hat der Malermeister Sven Sundrum aus Velen, der ebenfalls als Graffitikünstler tätig ist, in eine farbenfrohe Unterwasserlandschaft verwandelt. „Die Idee mit der Unterwasserwelt kam von der JVA“, berichtet Sundrum. „Wahrscheinlich wegen der Lampen im Gang, da passt das ganz gut. Außerdem ist das ja ein Thema, aus dem man viel machen kann.“ Anfangs des Jahres habe er die 2017 entstandene Landschaft noch erweitert.

Seit einigen Wochen sind die Kunstwerke auch für die Öffentlichkeit zugänglich — wenn auch nur virtuell: Der Fotograf Christian Stüben hat von den beiden Gängen 360-Grad-Panoramen erstellt, die auf seiner Webseite angesehen werden können. „Das war nicht mein erster Knastbesuch, um Fotos zu machen“, verrät er. Unter dem Titel „Wuppertal Sakral“ hat Stüben eine Strecke von Kirchen und Kapellen fotografiert und dabei auch die Kapellen der beiden Wuppertaler Gefängnisse aufgenommen. „Ich dachte, es wäre ein Riesenaufwand, bei der JVA an eine Fotogenehmigung zu kommen, aber nach zwei Wochen hatte ich ganz unbürokratisch meine Erlaubnis“, sagt Stüben. Auch dieses Mal sei der Prozess wieder sehr einfach gewesen. „Die Künstler waren natürlich auch einverstanden damit, ihre Werke öffentlich sichtbar zu machen.“