Singen macht einfach glücklich

Der berühmte dänische Chor Vocal Line gastiert in der Stadt — Wuppertaler singen mit.

Foto: Stefan Fries

Wuppertal ist eine Stadt der Chöre, die meist klassische Lieder singen. Das weiß auch Hilde Kuhlmann, die mehrere Chöre leitet, an der Hochschule für Musik und an der Bergischen Musikschule doziert. Sie sorgte dafür, dass es gestern für ein paar Stunden um Pop- und Jazz-Chormusik ging — in einem Workshop und einem Konzert des bekannten dänischen A-capella-Chores Vocal Line und seines Leiters Jens Johansen. Mit dabei knapp 60, meist aus Wuppertal stammende Sängerinnen und Sänger, die jüngste 14, der älteste 71 Jahre alt.

„Perfect, that’s perfect“, schwärmt Jens Johansen. Vor ihm der Flügel, den er bei den letzten Takten unberührt ließ. Blickt lächelnd und ein wenig erschöpft in viele strahlende Gesichter. Eben noch hat man im Gemeindesaal der Friedhofskirche mit Blick auf die Gräber gemeinsam gesungen — die „Schüler“ sind präzise den Anweisungen des 65-jährigen berühmten Dirigenten gefolgt. Sind lauter und leiser geworden, haben sich Notizen auf ihren Notenblättern gemacht, haben aus voller Seele wirklich gut gesungen. Über drei Stunden lang. „Singing makes you happy. That’s why we do it. Music comes direct from your soul“, freut sich Johansen.

Am Abend folgt das Konzert, dann mit dem dänischen Chor, der auf seiner Tour durch Deutschland erstmals in Wuppertal Station macht. Ein einziger Soundcheck dient der gemeinsamen Vorbereitung. Drei Lieder singen die Workshopteilnehmer auf der Bühne mit: Vocal Lines beliebten Klassiker „Viva la Vida“, „Bridge over troubled Water“ und „Goldhawk Rock“. Das ausverkaufte und einmalige Konzert findet in der Friedhofskirche statt, weil die, so Hilde Kuhlmann, die größte in der Stadt und obendrein wunderschön sei. Der Titel „True North“ steht für die neue CD von Vocal Line und weil alle Lieder damit zu tun hätten, den richtigen Kompass im Leben zu finden, erklärt Johansen.

In einem Kurs Anfang 2017 an der Landesakademie in Ochsenhausen lernte Hilde Kuhlmann Johansen kennen, der als Seminarleiter für Chorsänger und Dirigenten in der ganzen Welt begehrt ist. Die 53-Jährige beschloss, ihre Erfahrung mit andern zu teilen: „Ich wollte, dass viele Leute, die gerne singen, ihn kennenlernen und auf hohem Niveau Pop- und Jazzmusik machen können.“ Sie fragte ihn, ob er zu Konzert und Workshop nach Wuppertal käme, organisierte das Event für die Musikhochschule. Nur erfahrene Sänger und Chorleiter durften sich anmelden. In kurzer Zeit waren alle Plätze vergeben, Absagen waren leider nötig. Die meisten Teilnehmer sind natürlich aus Wuppertal, aber auch aus Remscheid, anderen nordrhein-westfälischen Städten, selbst aus Stuttgart.

Alice Freiberg lebt in Wuppertal, ist 46 Jahre alt und ist „mit Leib und Seele im „Chor&more“ von Kuhlmann aktiv, weil der „einer der wenigen ist, der Pop und Jazz in der Stadt singt“. Wer in dieser Szene unterwegs sei, komme an Johansen nicht vorbei, sagt sie bestimmt und freut sich, an diesem Tag dabei sein zu dürfen: „Da geht einem das Herz auf“, sagt sie, lobt das gute Level: „Jeder kann seine Stimme, da ist sofort Gesang da, eine Power, das sind alles gute Sänger.“ Bei Johansen heißt das: „That’s great, so fine, really.“

1991 gründete der Musikpädagoge Johansen im dänischen Aahus Vocal Line, der heute Vorbild vieler Pop- und Jazzchöre in der Welt ist. Sein Wunsch: den Klang nordischer Chormusik mit Pop, Rock und Jazz zu verbinden. 30 Sängerinnen und Sänger entwickelten unter seiner Leitung den unverkennbaren Stil, die vielen bekannten Arrangements, gewannen Wettbewerbe, füllen die Konzertsäle der Welt.

Viel hat Johansen von Wuppertal nicht sehen können. Heute geht es nach Bonn. . Aber ein Wiederkommen, das kann er sich schon vorstellen.