Antisemitismus in NRW So viele antisemitische Vorfälle hat es im Jahr 2023 in Wuppertal gegeben
Wuppertal · Insgesamt 664 antisemitische Vorfälle erfasste RIAS NRW im Jahr 2023. Dies entspricht einer Steigerung von 152 Prozent im Vergleich zum Vorjahr (264 Vorfälle).
Das sind durchschnittlich 13 Vorfälle pro Woche, im Jahr 2022 waren es noch durchschnittlich fünf Vorfälle pro Woche. Das geht aus aktuellen Zahlen der Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) Nordrhein-Westfalen hervor, die nun in ihrem Jahresbericht veröffentlicht wurden.
In Wuppertal hat es im vergangenen Jahr demnach insgesamt fünf antisemitische Vorfälle gegeben. Das waren laut RIAS-Pressesprecher Simon Brüggemann vier mal „verletzendes Verhalten“ und einmal ein Angriff im Rahmen einer Versammlung. Dieser Angriff ereignete sich demnach bei einer Versammlung am 11. November 2023. Dort sei aus einer pro-palästinensischen Demonstration heraus ein Gegenstand auf eine Gruppe von Gegendemonstranten geworfen worden. Ebenso sei die Gruppe antisemitisch beleidigt worden, die sich am Rande des Demonstrationszugs mit einer Israel-Fahne befunden hätten.
Bei diesen fünf Vorfällen seien folgende Erscheinungsformen des Antisemitismus festzustellen gewesen:
- 1x Moderner Antisemitismus
- 3x Post-Schoa-Antisemitismus
- 2x Israelbezogener Antisemitismus
Die Gesamtzahl von sechs ergibt sich, weil einzelne Vorfälle mehreren Erscheinungsformen zugeordnet werden können.
Im Jahr 2022 wurden drei Vorfälle in Wuppertal von RIAS NRW aufgenommen, alle drei Vorfälle waren dem verletzenden Verhalten zuzuordnen (Erscheinungsformen: 1x Moderner Antisemitismus, 2x israelbezogener Antisemitismus). Im Jahr 2021 hat RIAS NRW noch keine Zahlen erhoben.
Laut Jahresbericht hat es in Köln im Jahr 2023 mit insgesamt 176 Fällen die meisten Vorfälle gegeben. Danach folgen Landeshauptstadt Düsseldorf mit 73 Vorfällen und Dortmund mit 57 Fällen. Die wenigsten Vorfälle hat es demnach in Wuppertal und Krefeld mit jeweils fünf Vorfällen gegeben.
65 Prozent aller im Jahr 2023 registrierten Vorfälle ereigneten sich laut Jahresbericht nach dem antisemitischen Massaker der Hamas, dem größten Massenmord an Jüdinnen und Juden nach der Schoa. Die antisemitischen Reaktionen auf den 7. Oktober zeigten eine deutliche Verschärfung antisemitischer Erscheinungsformen in NRW, die Zahl der Vorfälle verstetigte sich und blieb bis zum Jahresende auf hohem Niveau, hieß es weiter.
Insgesamt wurden zwei Fälle von extremer Gewalt, 16 Angriffe, 16 Bedrohungen, 59 gezielte Sachbeschädigungen, zehn Massenzuschriften, 117 Versammlungen, fünf Diskriminierungen sowie 439 Fälle von verletzendem Verhalten registriert.
Besonders erschütternd sei die hohe Zahl antisemitisch motivierter Angriffe und Bedrohungen, die sich im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt bis verdreifacht hat (2022: fünf Angriffe und sechs Bedrohungen). Die antisemitischen Vorfälle, bei denen direkt Betroffene ermittelt werden konnten, richteten sich im Jahr 2023 in 176 Fällen gegen Einzelpersonen und in 200 Fällen gegen Institutionen. In 60 Prozent der Fälle mit direkt Betroffenen, also in 106 Vorfällen, waren die Personen jüdisch, israelisch oder als solche adressiert. 200 Vorfälle richteten sich gegen Institutionen, davon 41 gegen jüdische Einrichtungen.
In 288 Fällen wurden antisemitische Äußerungen oder Handlungen ohne direkt Betroffene erfasst. Darunter fallen beispielsweise Schmierereien, Aufkleber oder Versammlungen. Mit 372 Vorfällen war der israelbezogene Antisemitismus im Jahr 2023 die mit Abstand am häufigsten dokumentierte Erscheinungsform. 82 Prozent dieser Vorfälle ereigneten sich nach dem 7. Oktober. Sie äußerten sich vor allem in der Delegitimierung und Dämonisierung Israels oder darin, dass Jüdinnen und Juden in NRW persönlich für das Handeln der israelischen Regierung verantwortlich gemacht wurden. Während der israelbezogene Antisemitismus im Jahr 2022 noch rund 33 Prozent ausmachte, kam er im Jahr 2023 in 56 Prozent aller erfassten Vorfälle vor.
Antisemitische Vorfälle ereigneten sich im Jahr 2023 vor allem im öffentlichen Raum sowie in alltagsprägenden Bereichen. So fanden die meisten Vorfälle auf der Straße (201), in Bildungseinrichtungen (73), in öffentlichen Gebäuden (71) und in öffentlichen Verkehrsmitteln (47) statt. In 58 Fällen wurden Gedenkorte, die an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus erinnern, gezielt angegriffen. In 42 Fällen erlebten die
Betroffenen Antisemitismus in ihrem unmittelbaren Wohnumfeld. Acht Fälle wurden in und an Synagogen dokumentiert. Darüber hinaus wurden Vorfälle in Stadien (20), im Gewerbe (16), am Arbeitsplatz (neun), in öffentlichen Grünanlagen (neun), auf Privatgelände (neun), in der Gastronomie (sieben), in Geschäftsstellen (sechs) und an jüdischen Friedhöfen (drei) erfasst. 75 Vorfälle ereigneten sich im Internet. Zehn Vorfälle fielen unter die Kategorie „Sonstiges“.