„Problemhäuser“ verhindern Sozialbetrug und marode Zimmer: Stadt Wuppertal hat 20 Häuser kontrolliert

Wuppertal · In Wuppertal sollen „Problemhäuser“ wie in anderen Städten verhindert werden. Die Stadt lässt deswegen regelmäßig Häuser kontrollieren.

Zoll, Jobcenter, Meldeamt und weitere Behörden arbeiten bei den Aktionstagen eng zusammen.

Foto: dpa/Paul Zinken

Zum fünften Mal haben Mitarbeiter der Stadt und weiterer Behörden vor zwei Wochen mehrere Häuser kontrolliert. Und stießen dabei einerseits auf Menschen, die wohl zu Unrecht Sozialleistungen beziehen, anderseits auf unzumutbare Wohn- oder Arbeitsverhältnisse. An mehreren Adressen fehlten Menschen, die dort gemeldet sind. „Aktionstage“ werden diese Razzien genannt, die auch verhindern sollen, dass „Problemhäuser“ in Wuppertal entstehen.

Berichte über solche Problemhäuser in Ruhrgebietsstädten wie Duisburg, Gelsenkirchen und Dortmund hatten die Stadt aufgeschreckt. Sozialdezernent Stefan Kühn berichtet: „Wir haben vor anderthalb Jahren damit begonnen, uns intensiv mit dem Thema auseinander zusetzen, auch in der Sorge um Menschen,die möglicherweise ausgebeutet werden.“

So hätten sich unter anderem Jobcenter, Zoll, Meldeamt, Familienkasse und Ausländeramt zusammengesetzt und sich – unter Einhaltung des Datenschutzes – ausgetauscht, an welcher Stelle sie gern „genauer hinsehen“ würden. Das Ergebnis waren die „Aktionstage“. Dabei treffen sich am frühen Morgen rund 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beteiligten Behörden an ausgesuchten Häusern und klingeln in kleinen Teams von zwei bis drei Personen an den Türen. Begleitet werden sie von der Polizei und von Dolmetschern.

Sie fragen nach Aufenthaltsstatus, Anmeldung sowie Arbeit und blicken sich in der Wohnung um. Und müssen manchmal sofort die Bauaufsicht dazurufen – wegen fehlender Fluchtwege, weil die Bausubstanz marode ist, die Mieter mangels funktionierender Heizung mit offener Flamme heizen. So mussten bei drei der fünf Einsätze Bewohner ihre Wohnungen sofort verlassen. „Diese Menschen werden natürlich von der Stadt in anderen Wohnungen untergebracht“, versichert Thomas Lenz vom Jobcenter, das die Aktionen koordiniert. Sind Kinder dabei, werde das Jugendamt beteiligt. Beim letzten Mal konnten die Bewohner, nachdem Statiker das Haus kontrolliert hatten, wieder zurückkehren.

Matratzen wurden einzeln vermietet

Auch zweifelhafte Mietverhältnisse wurden aufgedeckt. Thomas Lenz: „Einmal haben wir gedacht, es kann gar nicht sein, dass die Wohnung an so viele Menschen vermietet ist. Dann sind wir hineingegangen, haben ein Matratzenlager gefunden, bei dem die Matratzen einzeln vermietet waren.“ Zweifelhafte Arbeitsverhältnisse fielen durch Befragung auf, wenn Arbeitnehmer angeblich für zwei Stunden Arbeit pro Tag bis an die holländische Grenze fahren, dafür viel zu wenig Lohn erhalten.

Oft stellten sie fest, dass an einer Adresse gemeldete Personen dort nicht wohnen, alle Wohnungen von anderen Familien belegt sind. Die Vermutung liege nahe, dass sie nur gemeldet sind, um in Wuppertal zum Beispiel Kindergeld zu beziehen. Bei der letzten Aktion wurden deshalb 20 Personen aus dem Melderegister gestrichen. Auch eine Handvoll Personen, die zur Ausreise verpflichtet sind, wurden schon angetroffen.

„Die Aktionen sind sinnvoll aus drei Gründen“, erklärt Thomas Lenz: „Zum Schutz der betroffenen Menschen, zur Aufdeckung illegaler Strukturen und zur Prophylaxe. Denn solche Aktionen sprechen sich herum.“ Solche Verhältnisse „öffnen Tor und Tür für kriminelle Machenschaften“, befürchtet er, das müsse die Stadt verhindern. „Das wird uns weiter beschäftigen.“ Auch Sozialdezernent Stefan Kühn hält die Kontrollen für sinnvoll: „Das ist Hinschauen und auch aus sozialpolitischer Sicht sinnvoll.“ Es gehe darum, Ausbeuter-Strukturen zu verhindern.

Jürgen Lemmer, Chef des Ressorts Zuwanderung und Integration, blickt etwas distanzierter auf die Aktionen, die einen großen Aufwand bedeuteten: „Man muss sehen, ob Aufwand und Ergebnis stimmen.“ Kontrollen bildeten nicht den Schwerpunkt der Arbeit seines Bereichs: „Der liegt in der Beratung.“ Es sei wichtig, Zugang zu den Menschen zu bekommen. „Wenn sie Vertrauen haben, kommen sie zur Beratung.“ Dann könnten sie zum Beispiel Zuwanderer aus Südosteuropa über ihre Rechte aufklären. Die Stadt und weitere Träger bemühten sich, Beratungsangebote zu unterschiedlichen Zeiten bereitzustellen, um alle zu erreichen.