Katholische Kirche Unterwegs auf dem Kreuzweg in Barmen
Wuppertal · Die katholische Kirche St. Antonius in Barmen feiert 40 Jahre Kreuzweg – die Stationen sind mit aktuellen Bezügen verknüpft.
Es ist ein Jubiläum, das Werner Zimmermann ein Lächeln ins Gesicht treibt. Vor 40 Jahren, im Herbst 1981, wurde der Kreuzweg in der katholischen Kirche St. Antonius am Steinweg in Barmen eingeweiht. Und die einzelnen Stationen sind in ihrer Symbolik aktueller denn je.
Der langjährige Pfarrgemeinderatsvorsitzende Zimmermann nennt den russischen Oppositionellen Alexei Nawalny, der unschuldig verurteilt wurde, als Beispiel. „Jesus wurde verurteilt, verspottet und ist schließlich unter der Last, dem Kreuz, das er zu tragen hatte, zusammengebrochen“, sagt er, an der ersten Station des Kreuzweges stehend. Zu Unrecht für etwas verurteilt zu werden, ist in nahezu jeder Lebensbiografie zu finden. So auch bei Bernhard Letterhaus, Widerstandskämpfer und Verbandssekretär der katholischen Arbeitervereine (KAB), der als Figur mit Brille neben Jesus abgebildet ist. Das Mitglied der Gemeinde wurde 1944 von den Nazis hingerichtet.
Auch die dritte Station des Kreuzweges, in der dargestellt wird, wie Jesus das erste Mal unter dem Kreuz fällt, könnte aktueller nicht sein: Sie zeigt auf der Bronzeplatte eine Flüchtlingsfamilie, der Vater hat nur einen Koffer bei sich, das Mädchen hält eine Puppe im Arm. Viele Zuwanderer und Spätaussiedler haben in den 80er-Jahren in der Gemeinde St. Antonius ein Dach fürs Seelenheil gefunden, weiß Zimmermann. Auch die Parallele in die heutige Zeit mit der Flüchtlingskrise ist offenkundig. „Die Station erinnert uns daran, Menschen in Not aufzunehmen“, hebt der 71-Jährige hervor. Erst wenn man sich das Leid der Menschen vor Augen führe, verstehe man, wie gut man es eigentlich habe. So sieht Zimmermann den Kreuzweg in seiner Kirche eher als Meditationsweg; es gehe nicht nur ums Beten, sondern auch darum, das Leben zu reflektieren. An der fünften Station hilft Simon von Cyrene Jesus das Kreuz zu tragen. Für Zimmermann ein Aufruf, Jesus’ Hände und Füße auf Erden zu sein und Menschen in Notlagen zu helfen.
Seit rund 50 Jahren unterstützt
die Kirche Leprakranke in Indien
Bei der siebten Station fällt Jesus zum zweiten Mal unter dem Kreuz. In die Darstellung mischen sich zwei Leprakranke, die an die Partnerschaft der Barmer Gemeinde mit dem Leprazentrum und St. Thomas-Hospital in Chetput in Südindien erinnern. Seit rund 50 Jahren unterstützen die Barmer die Hilfseinrichtungen einmal monatlich mit Kollekten – bis heute. Für Zimmermann offenbart sich eine Parallele zu Corona-Kranken oder allgemein Menschen, die von Krankheiten niedergerungen werden.
An der neunten Station, als Jesus zum dritten Mal unter dem Kreuz fällt, wird der Kriegsopfer gedacht, besonders der 3000 Toten des großen Angriffs auf Barmen am 30. Mai 1943. Zimmermann denkt aber auch an die Städte des Nahen Ostens, die ebenfalls von Gewalt und Bomben erschüttert wurden, und wo Frieden nicht in Sicht ist.
Die elfte Station thematisiert das Attentat auf Papst Johannes Paul II. Jesus schreit dem Betrachter mit offenem Mund entgegen, als er auf dem Boden liegend ans Kreuz geschlagen wird; der Papst steht gekrümmt da, nachdem auf ihn geschossen wurde, jeden Moment fällt auch er zu Boden. „Die Figur haben wir nachträglich eingesetzt“, berichtet Zimmermann. Das Attentat auf den Papst ereignete sich am 13. Mai 1981, als sich der Kreuzweg mit den vollplastischen Bronzefiguren bereits in Produktion befand.
„Ich denke, es ist die älteste Denkmaldarstellung des Attentats“, so der Barmer. Zu einer Pfarrwallfahrt nach Rom haben Gemeindemitglieder einen Abguss dieser Station mitgenommen, um sie dem Papst zu schenken; nun hängt sie in einer Kirche in Rom. Im Nachhinein weiß Zimmermann, dass dieses „Mitbringsel“ aufgrund des Gewichts keine gute Idee gewesen war: Allein eine Bronzefigur wiegt schon um die zehn Kilo. Die Tafeln der 15. Station mussten mit einem Gabelstapler ins Kirchenschiff gefahren werden. Diese Station, die Jesu Auferstehung und Himmelfahrt thematisiert, ist nicht Teil des gewöhnlichen Kreuzweges. Aber sie zeigt, dass mit dem Tod Jesu nicht alles aus ist: Hoffnung und Erlösung rücken ins Zentrum.
Der Künstler, der die Figuren geschaffen hat, ist Josef Welling aus Koblenz. „Er sagte uns zu, weil das Material und die Darstellung gut zu den Ziegelwänden und den Nischen unserer Kirche passen“, sagt Zimmermann, der damals Teil der Kirchengruppe war, die einen Künstler für den Kreuzweg suchte. Mit den Gemeindemitgliedern habe der Künstler überlegt, welche aktuellen Bezüge geschaffen werden könnten. Fertiggestellt wurden die Figuren in wenigen Monaten.