Abriss der Siedlung Schmitteborn?

Der Zustand der Hochhäuser ist schlecht — eine Sanierung scheint ausgeschlossen.

Langerfeld. Auf der Wiese vor den Hochhäusern spielen Kinder und lassen ihren Hund hinter einem Ball herjagen. Eine Nachbarin schaut dem Treiben aus ihrem Fenster im vierten Stock zu. Ein paar Bewohner tragen ihre Einkäufe die Treppen hoch. Ansonsten ist es an diesem sonnigen Nachmittag ziemlich ruhig in der Siedlung Schmitteborn — einem „städtebaulichen Missstand und sozialem Brennpunkt“, wie es zuletzt noch in der Sitzung des Stadtrates hieß.

Die ältere Dame, die ein paar Tüten schleppt, ärgert sich über diese Klischees. „Ich wohne gerne hier, schon seit über 20 Jahren. Und wir haben hier einiges miterlebt“, sagt sie und lächelt. Drei ihrer Söhne hätten nun schon eigene Wohnungen in den Hochhäusern. „Und alle haben einem Job und sind nicht auf die schiefe Bahn geraten“, erzählt sie stolz und fügt noch schnell hinzu: „Schmitteborn ist kein Ghetto.“

Doch sie weiß um den Ruf der drei Hochhäuser, die so gar nicht in diese Gegend Langerfelds passen wollen. Ein- und Mehrfamilienhäuser säumen das Umfeld — und mitten drin stehen die in den 1970er Jahren gebauten „Klötze“, die auch in ihrer besten Zeit sicher keinen Schönheitspreis gewonnen hätten. Hinzu kommt der grassierende Leerstand: 201 Wohnungen gibt es — derzeit sind nur etwa 70 noch vermietet. Dazu passt das seit mindestens zehn Jahren leer stehende Ladenlokal im Erdgeschoss. Von den Stellplätzen in der Tiefgarage ist kaum einer vermietet.

Auch für den Eigentümer — eine Familie aus Düsseldorf — ist Schmitteborn seit langem ein Verlustgeschäft. Siebenstellige Summen, so Hausverwalter Angelo Molderings, würde der Eigentümer pro Jahr verlieren. Der Grund dafür, warum in Sachen Sanierung, nur das Allernötigste passiere. Man habe bereits mit der Instandhaltung genug zu tun. Schönreden will er das Dilemma nicht. In der Vergangenheit seien zwar ein Teil der Flachdächer und die Heizungsanlage erneuert worden. Für mehr fehle aber das Geld.

Dabei fällt schon von außen ein großes Problem direkt ins Auge: die fehlende Dämmung. Die sorgt dafür, dass im Winter alle Wohnungen — auch die leerstehenden — beheizt werden müssen. „Sonst fliegen uns die Rohre aus der Wand“, sagt Molderings. Finanziell für den Eigentümer ein Desaster. Hausmeister Thorsten Winkler führt in eine Wohnung, die für eine Besichtigung hergerichtet worden ist. Ein Blick in die Flure offenbart: Ganze Etagen stehen leer. Der Müllschlucker ist abgeschlossen worden. Wegen Vandalismus und Feuergefahr, sagt Winkler. Doch die Wohnung präsentiert sich hell, hat freundlich gestaltete Wände und neues Laminat, ein ordentliches Bad. Sicher kein Wohntraum, aber alles andere als ein Alptraum, den man vielleicht erwartet hätte. Einen Interessenten habe es auch gegeben, doch der sei kurzfristig wieder abgesprungen, erzählt Winkler. Denn vor kurzem machten Gerüchte die Runde, wonach die Hochhäuser innerhalb eines Jahres abgerissen würden. „Wer würde dann noch hier einziehen?“, fragt Winkler.

Hintergrund ist, dass der Rat der Stadt die Nachwirkungsfrist für den Eigentümer von zehn auf drei Jahre verkürzt hat (siehe Kasten unten). Damit, so die Hoffnung, würden eher potenzielle Investoren angelockt, die den „städtebaulichen Missstand“ beseitigen würden. Das sei aber nur möglich durch einen Abriss, da sind sich Stadt, Politik und Wohnungsbauexperten einig. Aber innerhalb eines Jahres?

„Totaler Quatsch“, sagt Winkler und auch Molderings erklärt, dass solche Zeitrahmen utopisch seien. Außerdem sei — anders als in entsprechenden Pressemitteilungen kolportiert — auch noch kein Investor gefunden, die Gespräche steckten noch im Anfangsstadium, so der Verwalter, der in engem Kontakt zum Eigentümer steht. Molderings betont: „Der ist alles andere als eine ,Heuschrecke’.“

Die Gerüchte gingen aber auch in den Hochhäusern ’rum wie ein Lauffeuer. „Jemand hat überall Zettel aufgehängt: ,Ihr müsst raus, in einem Jahr wird abgerissen’“, erzählt die ältere Dame. Er habe viele Mieter beruhigen müssen, sagt Winkler. „Trotzdem gab es einige Kündigungen.“

Dabei, erinnert Molderings an bessere Zeiten, habe es Ende der 1990er Jahre noch eine Vollbelegung gegeben. Dann sei aber der Härteausgleich weggefallen (siehe Kasten oben), Kündigungen en masse folgten. Die Fluktuation unter den Mietern wurde immer größer, auch das Klientel schwieriger. Winkler ist ehrlich: „Manche Wohnungen, die verlassen worden sind, konnte man gar nicht mehr vermieten.“ Aber, das betont er, es sei deutlich ruhiger geworden. Das bestätigt die Polizei. Von der Zahl und der Art der Einsätze halte sich Schmitteborn in Grenzen.

Doch dort wohnen? Das möchte kaum noch jemand. „Der geordnete Rückzug und der spätere Abriss sind die einzige Lösung“, sagt Molderings, bleibt, was den Zeitplan angeht, aber vorsichtig. „Frühestens in drei Jahren, nach Ablaufen der Frist, kann über den Abriss überhaupt nachgedacht werden.“ Dann müssen sich die bis dahin verbliebenen Mieter endgültig nach einer neuen Heimat umschauen. Und in vielleicht zehn Jahren wird kaum noch etwas an die Hochhäuser erinnern. Die potenziellen Investoren haben, so wird gemunkelt, eine Wohnbebauung im Sinn, die sich eher an der Nachbarschaft orientiert.