Das Happy-End nach der „Zwangsheirat“
Marcel Staats war schon als Kind beim Langen Tisch. Er mag seine Stadtgenauso wie viele, die mit ihm feierten.
Wupperfeld. Damals, vor zehn Jahren, als Wuppertal den 70. Geburtstag mit dem Langen Tisch feierte, lief Marcel Staats noch an der Hand seiner Mutter über die Festmeile. Wie die Stimmung war? "Da muss ich überlegen", sagt der junge Mann. Er kneift die Augen zusammen, fährt sich mit der Hand übers Gesicht - es fällt ihm schwer, sich die Erinnerungen ins Gedächtnis zu rufen.
Dann fängt er an zu erzählen: Ein Eis haben ihn seine Eltern damals gekauft. Ein Softeis, das war eine Neuheit für ihn. Und er durfte sich eine Kleinigkeit aussuchen. Was das war? "Keine Ahnung." Aber er weiß noch, dass ihn die vielen Menschen verunsichert haben. Und die Schwebebahn sei rappelvoll gewesen. Das hat sich in den zehn Jahren bis zum 80. Geburtstag Wuppertals nicht verändert - dafür das Leben von Marcel Staats umso mehr.
Heute ist der gebürtige Wuppertaler 20 Jahre alt. Nicht seine Eltern, sondern seine Freunde sind bei diesem Langen Tisch an seiner Seite. Dort unterstützt er das Deutsche Rote Kreuz (DRK). Kinderschminken bietet der Verein am Wupperfeld an. Auf die linke Wange hat ihm eine Freundin das Emblem seines Lieblingsfußball-Vereins Schalke 04 gemalt. Marcel Staats sitzt auf einem weißen Gartenstuhl. Dabei hat er die Kinder, die in einer langen Schlange darauf warten, in eine Prinzessin, einen Schmetterling oder einen Piraten verwandelt zu werden, gut im Blick.
Ihm fällt auf, dass damals, im Jahr 1999, für Kinder schon mal Langeweile aufkommen konnte. "Dieser Lange Tisch bietet vor allem Kindern ein größeres Angebot", sagte der Wuppertaler. Ihm liegt der Geburtstag seiner Heimatstadt sehr am Herzen. "Wuppertal bedeutet mir alles", sagt er - dabei wirken seine Worte nicht überheblich, sondern authentisch. Schließlich sei er hier aufgewachsen, zu Schule gegangen und habe Freunde gefunden. "Ich mag die Stimmung in der Stadt - so wie heute", sagt Marcel Staats. Wuppertal sei eine der wenigen Großstädte, die sich einen familiären Charme bewahrt hätte: Schon das allein müsse man feiern.
Nach der mehr oder weniger "Zwangsheirat" vor 80 Jahren seien die einzelnen Stadtteile zu einer Stadt zusammengewachsen, meint Margret Hahn, Vorsitzende des Bürgervereins Langerfelds. "Wenn ich nach 23 Jahren in Langerfeld auch heimisch geworden bin, fühle ich mich dennoch als Wuppertalerin", sagt sie. Dennoch ist sie der Meinung: Die Bürger der Stadtteile sollten ihre Identität wahren: "Ein Vohwinkler, ein Ronsdorfer oder ein Langerfelder - alle sind ein anderer Menschenschlag."
Trotzdem feiern an diesem Samstag alle zusammen. Mit dabei sind auch Christa und Dieter Landegl und ihre Enkel Rafael (9) und Lilian (5). Letztere war vor fünf Jahren - zum 75. - schon im Tragetuch auf der Festmeile. "Die Kinder wachsen mit dem Langen Tisch auf", sagt Christa Landegl. Auch Mandy und Markus Struwe schlendern mit ihren Töchtern Celina (4) und Kim (8) über den Langen Tisch. Und bei der nächsten Geburtagssause wird das Paar noch ein Kind mehr dabei haben.