Der Wandel von Tietz zu Kaufhof

Michael Okroy schilderte in der Alten Synagoge die Historie des einst jüdischen Warenhauses. Vor allem Nazis setzten dem Unternehmen zu.

Foto: Stefan Fries

Elberfeld. Die große Ära der Warenhäuser mag zwar — aus verschiedenen Gründen — nicht erst seit den vergangenen Jahren, vorbei sein, so prägen die prächtigen Kaufpaläste nach französischem Vorbild aber immer noch viele Innenstädte. So auch in Elberfeld, wo sich bis heute eines der großzügigsten Schöpfungen aus jenem Geiste finden lässt. Das ehemalige Warenhaus Tietz am Neumarkt, wird indes heute den meisten als Galeria Kaufhof bekannt sein. Doch birgt das Gebäude, und das mit ihm verbundene Unternehmen, eine wechselvolle Geschichte in sich. Wie wurde nun aus dem Haus Leonhard Tietz Aktiengesellschaft die Galeria Kaufhof?

Foto: Archiv Begegnungsstätte Alte Synagoge

Michael Okroy, Beiratsmitglied des Bergischen Geschichtsvereins, Abteilung Wuppertal, und profunder Kenner der Materie referierte in der Begegnungsstätte Alte Synagoge über das Schicksal des Warenhauses Tietz unter dem Titel „Von Tietz zu Kaufhof — Die ‚Arisierung’ eines Warenhaus-Unternehmens 1933/34“.

Hatte der jüdische Kaufmann Leonhard Tietz zunächst recht bescheiden mit einem kleinen Ladenlokal in Stralsund angefangen, so entwickelte sich rasch eine florierende Warenhauskette. Nach Elberfeld verlegte man zwar den Firmensitz nach Köln, doch blieb man der Stadt, in der 1889 die erste Filiale in Westdeutschland eröffnet hatte, treu und baute sogar Anfang der Zehner Jahre einen prunkvollen Kaufpalast am Neumarkt. Und so schien die Zukunft des Unternehmens zunächst — auch nach dem Tod des Firmengründers Leonhard — gesichert. Tietz wurde zunehmend zu einem Synonym für ein umfassendes Einkaufserlebnis. Doch musste Alfred Leonhard Tietz, der Sohn des Firmengründers, sich schon bald mit existenziellen Schwierigkeiten auseinandersetzen. Setzte dem Unternehmen die Wirtschaftskrise der 20er Jahre durchaus zu und mussten Anteile zunehmend an Banken verkauft werden, so sah sich Tietz zudem ab der Machtergreifung durch die Nationalsozialisten mit Repressalien konfrontiert, die schließlich zu einer sogenannten „Arisierung“ führen sollten.

Ab 1933 standen von Juden geführte Unternehmen und somit auch die Aktiengesellschaft der Warenhauskette Tietz unter sich schubweise abzeichnendem Druck. Zunächst wurde das Mehrheitseigentum an der Aktiengesellschaft an Großbanken übertragen, der Vorstand schrittweise umbesetzt. Schließlich trat Alfred L. Tietz zurück und auf Wunsch der Familie wurde das Schicksal des Unternehmens in die Hände des Elberfelder Industriellen Abraham Frowein gelegt. Die auch während der kommenden dunklen Jahre gute Verbindung der Familie Tietz zu Frowein, sicherte nach dem Krieg auch eine zügige Entschädigung, der nach zahlreichen Stationen inzwischen in Palästina weilenden Familie. Boykottaufrufe, die sich selbst nach der „Entjudung“ des Unternehmens hielten, bezeugen den Hass auf jüdische Unternehmer, darüber hinaus auch auf Warenhäuser an sich, die für den Niedergang kleinerer Kaufleute verantwortlich gemacht wurden. Daran konnte auch die Umbenennung in „Westdeutsche Kaufhof AG“ und damit verbundene Propaganda vorerst nur wenig ändern.

Okroy verwies hier auf auffallend rege Aktivisten aus dem Elberfelder Umfeld. Wieso die Familie Tietz nach dem Krieg nicht wieder die Geschicke ihres ehemaligen Unternehmens in eigene Hände nehmen konnte, oder zumindest der alte Name, der um jene Zeit noch mehr als präsent und für viele auch noch überaus positiv besetzt war, wieder angenommen wurde, konnte an dem Abend nicht beantwortet werden. Im Anschluss widmete sich Okroy auch geduldig zahlreichen Fragen des Publikums — unter ihnen waren auch Nachfahren Abraham Froweins.

Aktuelle Informationen zum Programm der Begegnungsstätte Alte Synagoge:

alte-synagoge-wuppertal.de