Hochstraße: Friedhöfe wandeln sich
Grabstellen werden nicht mehr genutzt und der Trend zur Urne geht weiter. Dadurch sind im Laufe der Zeit freie Flächen entstanden.
Nordstadt. Friedrich Bayer hat einst an der Hochstraße seine letzte Ruhestätte gefunden. Unter wunderschönen alten Bäumen sind bekannte Namen vieler Wuppertaler zu finden. Jetzt, im Herbst, strahlt das Friedhofstrio aus Lutherischem Friedhof, Reformiertem und Katholischem Friedhof zu beiden Seiten der Hochstraße eine besondere Atmosphäre aus, saisonaler Blumenschmuck und viele Lichter bestimmen das Bild. Doch während sich früher Grab an Grab entlang der Wege reihte, sind heute viele ungenutzte Felder zu sehen. Insbesondere auf dem Lutherischen Friedhof fiel dies unlängst Angehörigen und Teilnehmern einer Bestattung auf: Sie empfanden das Gelände als ungeordnet, hieß es gegenüber der WZ, es finde sich „hier ein einzelnes Grab, da eins“, etliche seien sichtbar vernachlässigt.
Doch der Anlage fehlt es nicht an erkennbarer Ordnung, wie Ingo Schellenberg, Geschäftsführer des Evangelischen Friedhofsverbands Wuppertal, auf WZ-Nachfrage erklärt, sondern „die Struktur ist zurzeit im Wandel“. In den vergangenen Jahren seien viele Flächen an den Friedhof zurückgegangen, weil Menschen beispielsweise die weitere Nutzung eines Familiengrabes nicht mehr wünschten. Schreibe man heutzutage Angehörige an mit der Nachfrage, ob das Grab wieder verlängert werden soll, „gibt es erheblich weniger positive Rückmeldungen als noch vor Jahren“. Ein Prozess, der aus seiner Sicht bereits vor mehr als einer Dekade begonnen habe, „aber in den vergangenen Jahren sicher nochmals an Fahrt aufgenommen hat“. Es gebe mehr und mehr Single-Haushalte, Familienmitglieder wohnten nicht mehr alle am selben Ort, weswegen der Bezug zur Familiengrabstätte nicht mehr so ausgeprägt wie einst vorhanden ist. Diese Entwicklung sei an der Hochstraße offensichtlich, sagt Schellenberg, „da hat man Flächen zurückbekommen, die dann abgeräumt oder eingesät worden sind.“ Auch sei früher jede Grabstelle von einer Art Plattenumrandung eingefasst gewesen, was ebenfalls zum Eindruck einer anderen Ordnung beigetragen habe. „Jetzt sind viele dieser Plattenumrandungen weggefallen, weil Flächen eben zurückgegeben worden sind.“ Zudem sei die Verwaltung zuletzt mit teils krankheitsbedingten personellen Engpässen konfrontiert gewesen, was die Pflege der Anlage zusätzlich erschwert habe.
Es stelle sich derzeit die Frage, „welche Flächen weiter belegt werden sollen und wie es mit den anderen weitergeht“, sagt Schellenberg. Beispielsweise auch auf dem Reformierten Friedhof sei zu sehen, dass Flächen frei sind. „Da werden keine neuen Nutzungsrechte mehr vergeben.“ Es gehe daran, Felder, die eher „zersiedelt“ wirken, neu zu gestalten. Außerdem hält der Trend zur Urne weiter an, die erheblich weniger Platz beansprucht: „1984 ist der Friedhofsverband gegründet worden, da lag der Urnenanteil bei drei Prozent“, berichtet Ingo Schellenberg: „Im Bereich des Friedhofsverbands bewegt er sich heute bei 65 Prozent — und bei den Elberfelder Friedhöfen liegt er sogar schon bei 75 Prozent.“ Man versuche angesichts dieser Entwicklung auf den Anlagen jetzt, mehr zusammenhängende Flächen einzurichten beziehungsweise neu zu gestalten. „In diesem Jahr waren wir planerisch tätig, das wird sich im kommenden Jahr zeigen und fortsetzen.“