Leben im Denkmal (3): Vom Aschenputtel zur Prinzessin
Das Ehepaar Schneider hat eine alte Villa wieder liebevoll hergerichtet.
Zoo. Der erste Eindruck war eher ernüchternd. „Das Haus war schon das hässlichste in der Reihe“, erinnert sich Barbara Schneider an die erste Besichtigung 1978. Grau statt strahlend weiß präsentierte sich die Anfang des 20. Jahrhunderts erbaute Villa an der Kaiser-Wilhelm-Allee, der Glanz der frühen Jahre war längst verflogen. Ein „Aschenputtel“. „Trotzdem haben wir nach 20 Minuten gesagt: ,Das ist es’“, sagt Reinald Schneider. „Und bereut haben wir es nicht einen Tag.“
So eine Villa hat schon ’was — vor allem viel Platz. Etwa 15 Meter misst allein das Wohnzimmer von der Fensterfront vorne bis hinten zum Garten. Die Stuckdecke haben die Schneiders wieder hervorgearbeitet, die Messingbeschläge der Türen, die die Vorbesitzer verchromt hatten, in den Originalzustand versetzt. Hingucker ist ein Kachelofen, für den das Ehepaar sogar einen Einrichtungspreis gewonnen hat. „Der ist etwa so alt wie unsere Villa, stammt aber aus einem Abbruchhaus in Wien. Hier waren Kachelöfen unüblich“, erklärt Reinald Schneider.
Wobei das Thema Heizen ein ganz besonderes ist. „Das Haus ist einfach nicht zu heizen. Das wäre viel zu teuer“, sagt Barbara Schneider. „Im Winter haben wir uns einfach angewöhnt, uns auch drinnen dicker anzuziehen.“
Wobei es heutzutage immerhin in allen Etagen Heizungen gibt. In der zweiten, wo das Personal logierte, wurde früher gar nicht erst probiert, für ein bisschen Wärme zu sorgen. „Die Erbauer dachten wahrscheinlich, das Personal soll sich einfach viel bewegen, dann wird denen schon nicht kalt“, vermutet Reinald Schneider. Dazu passt der Schaltkasten im Keller: Die Leitungen waren in alle Zimmer verlegt, aus denen die Hausbesitzer dann direkt das Personal anfordern konnten.
Dass, bevor die Schneiders einzogen, jahrzehntelang fast nichts mehr am Haus gemacht worden war, hatte aber auch seine Vorteile. „Im Gegensatz zu den anderen Villen in der Reihe ist die Architektur und Raumaufteilung noch so, wie sie die Architekten Hermanns und Riemann vorgesehen hatten.“
Ob die beiden auch den Tresor eingebaut haben, den Reinald Schneider zufällig entdeckt hat? Aufreißen will er die Wand auf keinen Fall. „Das überlassen wir lieber der nachfolgenden Generation“, sagt er und lächelt verschmitzt. Schließlich ist der Hausherr schon einmal reingefallen. Nach dem Einzug hatten die Schneiders unterm Dach eine schwere, sorgsam verschlossene Blechkiste entdeckt. Doch statt Schätzen barg die nur alte Tapetenrollen . . .