Straßenbäume: Wo droht Gefahr?
Bis zu 20 000 Bäume werden von der Stadt regelmäßig auf ihre Standfestigkeit kontrolliert. Doch Unfälle sind nicht ganz auszuschließen.
Wuppertal. Gut 100 Jahre ist der Kastanienbaum alt, der am Freitag über die Krummacherstraße und auf ein Fahrzeug gestürzt ist. Zum Glück ging der Unfall ohne Personenschäden ab. Bei den Anwohnern ist der Schreck dennoch groß, denn der Baum ist weder einem Sturm noch anderen extremen Witterungseinflüssen zum Opfer gefallen, sondern er knickte ohne äußere Einflüsse oberhalb seiner Wurzeln ab. Eine WZ-Leserin, die an der Straße wohnt, ist verärgert, dass es so weit kommen musste. Sie habe die Stadt bereits im vergangenen Jahr auf den morschen Baum hingewiesen und lediglich die Antwort erhalten, dass man den Baum im Auge behalten werde. „Der Baum war schon lange eine Gefährdung für die Straße“, sagt sie.
„Die Bäume werden regelmäßig kontrolliert, aber nicht immer ist erkennbar, wenn ein Baum wie in diesem Fall im Stammfuß von einem aggressiven Pilz zersetzt worden ist“, sagt Eckhard Daldrup, Teamleiter Baumkontrolle und Straßenbaumpflege bei der Stadt. Ein Zwischenfall wie an der Krummacherstraße sei in den vergangenen 20 Jahren die große Ausnahme gewesen.
20 000 Straßenbäume würden in Wuppertal regelmäßig kontrolliert. Vor jedem Herbst muss das Team der Stadt eine Liste für die politischen Gremien mit Gefahrenbäumen aufstellen, die gefällt werden sollen. Dagegen gibt es immer wieder Proteste von Anwohnern und Naturschützern. „Keine Fällung wird leichtfertig angeordnet, immer sind mehrere Augenpaare an der Begutachtung beteiligt“, entgegnet Eckhard Daldrup der Kritik. Zudem setze die Stadt externe Gutachter ein, die über Geräte verfügten, um zum Beispiel Holzwiderstandsmessungen oder eine Schalltomographie vorzunehmen. „Eine absolute Sicherheit gibt es in der Natur trotz aller Kontrollen nicht“, so Eckhard Daldrup.
Unter den Straßenbäumen sind Kastanien und Platanen besonders gefährdet. Im Stadtgebiet stehen viele prächtige Exemplare, die den Wuppertalern seit Jahrzehnten Schatten spenden und große Bedeutung für das Stadtklima haben. Doch gerade die Kastanien machen schwere Zeiten durch. Der Befall durch Miniermotten ist in trockenen Sommern wie diesem besonders stark. Ein Befall über mehrere Jahre hinweg kann den Baum schwächen, der dann — wie ein immunkranker Mensch — anfälliger zum Beispiel für Pilzbefall ist. In Kombination ist es theoretisch möglich, dass Motten und Pilze gemeinsam einen Baumriesen zu Fall bringen.
Dass die Stadt am gleichen Tag, als an der Krummacher Straße die Kastanie umstürzte, die Fällung von zwei etwa 25 Meter großen Kastanien im Deweerth’schen Garten ankündigte, ist allerdings Zufall. Die 60 bis 80 Jahre alten Bäume sind ebenfalls von einem aggressiven Sporenpilz befallen.
Jörg Liesendahl, Vorstandsmitglied der Kreisgruppe Wuppertal im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), sieht die Stadt ausreichend gut aufgestellt, was die Kontrollen der Gefahrenbäume betrifft. Auch er bezeichnet den Unfall an der Krummacherstraße als Einzelfall. Kritisch sieht er hingegen die Zahl der Bäume, die zuletzt von der Stadt als Gefahrenbäume deklariert wurden. Er verweist auf Fälle, in denen sich — zum Beispiel an der Nordbahntrasse — das Gegenteil herausstelle. „Gesunde Bäume dürfen nicht gefällt werden, nur weil sie Planungen im Wege stehen. Bäume sind keine Deko-Elemente“, sagt Liesendahl.