Kriminalität Teure Panne bei Europol-Razzia in Wuppertal: Spezialeinheiten stürmen Haus, Bewohner ist aber verreist
Update | Wuppertal · In Wuppertal unterlief den Einheiten ein Fehler: Sie stürmten das Haus einer verreisten Person. Bei den Durchsuchungen ging es um Goldschmuggel und Geldwäsche auf internationalem Level.
Ein SEK stürmt in Wuppertal brachial ein Haus, um einen mutmaßlichen Goldschmuggler festzunehmen. Doch der befindet sich auf einer behördlich genehmigten Auslandsreise. Der Schaden ist beträchtlich.
Detonationen, Schüsse in die Luft und eine Verletzte: Bei einer von Europol koordinierten Polizeiaktion ist es in Wuppertal anscheinend zu einer teuren Panne gekommen. Spezialeinheiten stürmten und demolierten ein Haus, obwohl sich der dort Gesuchte, den sie festnehmen wollten, auf einer behördlich genehmigten Auslandsreise befand.
Das bestätigte die Wuppertaler Staatsanwaltschaft gegenüber der dpa: „Wir haben ein eigenes Ermittlungsverfahren gegen den Mann. Der Haftbefehl in unserem Verfahren ist unter Auflagen außer Vollzug gesetzt und er ist mit unserer Erlaubnis in der Türkei“, sagte Staatsanwältin Theresa Beckmann am Freitag.
„Wir wurden nicht informiert und es gab auch keine Anfrage“, sagte Beckmann. Die Staatsanwaltschaft sieht nun ihre eigenen Ermittlungen gefährdet: „Wir sind gespannt und müssen jetzt abwarten, ob er wiederkommt.“ Die Reise sei vom 7. Juni bis 10. Juli genehmigt gewesen.
„Am Haus sind mindestens 30 000 Euro Schaden entstanden“, sagte Rechtsanwalt Carsten Rebber in Wuppertal auf dpa-Anfrage. „Meine Mandantin ist die Ehefrau des Beschuldigten und Eigentümerin des Hauses. Sie wurde durch Splitter verletzt und hat einen Schock erlitten. Alles nur, weil jemand nicht den Hörer in die Hand nehmen wollte. Dabei wussten die Polizisten von dem Wuppertaler Ermittlungsverfahren.“
„Meine Mandantin wollte gerade die Tür öffnen, aber dazu kam es nicht, weil ihr die Glassplitter um die Ohren flogen“, sagte Rebber. Im Haus habe sich auch die Tochter des Ehepaars befunden. Der Ehemann seiner Mandantin habe zweieinhalb Jahre lang brav mit den Behörden zusammengearbeitet und alle Auflagen erfüllt. „Den hätte man auch vorladen können, der wäre gekommen.“
Stattdessen habe sich die Spezialeinheit an vier Stellen gleichzeitig mit Sprengladungen Zutritt zum Haus verschafft: „An der Haustür, der Garage, einem Kellereingang und über die Terrasse auf der Rückseite des Hauses.“ Entsprechend sehe das Haus jetzt aus.
„Das hätte man alles vermeiden können, wenn man sich mal schlau gemacht hätte“, sagte Rebber. „Stattdessen kommen die mit Sprengladungen und dieser übertriebenen Rambo-Nummer, für die jetzt der Steuerzahler aufkommen muss.“
Die Razzia fand in Deutschland, Italien und der Schweiz statt. In NRW war das Landeskriminalamt beteiligt gewesen. Europol teilte mit, dass bei diesen Razzien insgesamt zehn mutmaßliche Mitglieder eines kriminellen Netzwerks festgenommen wurden.
Das Netzwerk soll demnach Goldschmuggel, Schmuggel von anderen kostbaren Gütern sowie Geldwäsche betrieben haben. Insgesamt seien mehr als 15 Millionen Euro durch ein komplexes Netz in ganz Europa gewaschen worden. Das geht aus einer Mitteilung von Europol hervor.
An den Razzien in Deutschland, Italien und der Schweiz seien mehr als 150 Polizeibeamte beteiligt gewesen. Die Ermittlungen wurden demnach bereits 2019 von der italienischen Behörde ROS Carabinieri in Florenz aufgenommen und in enger Zusammenarbeit mit den deutschen und schweizerischen Behörden durchgeführt. Zunächst stand demnach ein Grieche im Fokus der Ermittlungen, der Kontakt zu einem iranischen Unternehmer hatte, der in internationalem Goldschmuggel und Geldwäsche involviert war. Das kriminelle Netzwerk bestand aus insgesamt zehn Mitgliedern italienischer, griechischer, türkischer und iranischer Nationalität. Diese sollen Briefkastenfirmen für ihre Geldwäsche verwendet haben.
Die Mitglieder des kriminellen Netzwerks sollen Gold und andere kostbaren Güter auf dem Schwarzmarkt gekauft haben, Dokumente dafür gefälscht und Kuriere genutzt haben, um die Waren in die Türkei zu schaffen. In Zürich haben die Ermittler in einem Raum eine illegale Gießerei gefunden, wo Gold geschmolzen wurde, um dessen Ursprung zu verschleiern.
Die Ermittlungen wurden in enger Kooperation von Europol und Eurojust (die Agentur der Europäischen Union für justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen) durchgeführt. Unterstützt wurde die Operation auch vom EU-finanzierten Projekt ISF4 @ON, einer Initiative unter italienischer Federführung, die gegen Mafia-ähnlich organisierte, kriminelle Gruppen in Europa vorgeht.