Keine Ausnahme Trotz Gehbehinderung: Seniorin darf in Wuppertaler Bus nicht vorne aussteigen

Wuppertal · Eine Frau mit Gehbehinderung ist entsetzt: Plötzlich durfte sie in einem Linienbus in Wuppertal nicht mehr vorne aussteigen. Was sagen die Stadtwerke dazu?

In den Bussen der Stadtwerke gilt auch für eine Seniorin mit Gehstock offenbar: Regeln sind Regeln.

Foto: obs/WSW Wuppertaler Stadtwerke GmbH

Aufgrund einer Gehbehinderung ist Sigried Heuser (79) auf einen Stock angewiesen. Wenn sie mit den Bussen der Wuppertaler Stadtwerke (WSW) unterwegs ist, versucht sie daher nach Möglichkeit, vorne beim Fahrer auszusteigen. „Damit dieser mich im Blick hat“, erklärt sie gegenüber der WZ. Dies sei ihr bislang auch immer erlaubt worden. Doch dann änderte sich das.

„Mir wurde von einem Fahrer der WSW verwehrt, vorne auszusteigen.“ Was Sigried Heuser besonders empört an dem Vorfall: „Ohne ein Wort zu verlieren, wies er mit dem Daumen nach hinten, auch als ich ihn auf den Stock hinwies, zeigte der Daumen nach hinten.“ Gesprochen hat der Fahrer mit Sigried Heuser nicht, es blieb bei der wortlosen Kommunikation. Nach diesem Vorfall beschwerte sich die 79-Jährige bei den WSW. Auch die Antwort auf die Beschwerde erschütterte sie.

„Seit einigen Jahren haben wir den kontrollierten Vordereinstieg“, heißt es vonseiten des WSW-Beschwerdemanagements in einer E-Mail an Siegried Heuser, die der WZ vorliegt. „Das bedeutet, dass die Vordertüre nur zum Einstieg genutzt werden soll und der Ausstieg über die hintere Türe erfolgt.“ Zwar würden es die WSW befürworten, wenn ein Fahrer einer mobilitätseingeschränkten Person die Möglichkeit einräumt, vorne auszusteigen. „Dies ist eine situationsabhängige Entscheidung des Fahrers und nicht die Regel. Es besteht hier kein Recht auf Ausstieg an der vorderen Türe.“ Zum Schluss heißt es in der E-Mail, dass man bedauere, dass sich Sigried Heuser geärgert habe.

„Die Aussage, dass Recht vor Menschlichkeit geht, hat mich erschüttert“, sagt Sigried Heuser. „Glücklicherweise ist das bei den Fahrern nicht die Normalität.“ Einige Tage nach dem Vorfall erklärte eine Busfahrerin der 79-Jährigen allerdings, dass auch ein Stock kein Grund sei, vorne aussteigen zu dürfen.

WSW unterstreichen Aussage des Beschwerdemanagements

Auf Anfrage der WZ erklärte WSW-Sprecher Rainer Friedrich: „Die Aussage unseres Beschwerdemanagements kann ich bestätigen. In unseren Bussen gilt die Regel ‚vorne einsteigen, hinten aussteigen‘. Beim Einstieg sollen die Fahrgäste ihr Ticket vorzeigen beziehungsweise durch das Lesegerät kontrollieren lassen.“ Diese Regel diene der zügigen Abwicklung des Fahrgastwechsels an den Haltestellen.

„Bei geringem Fahrgastaufkommen ist es aber kein Problem, wenn Fahrgäste auch mal vorne aussteigen. Ob die Fahrerin oder der Fahrer dies ermöglichen kann oder die Fahrgäste bittet, den Ausstieg hinten zu nutzen, hängt von der Situation ab“, unterstreicht Friedrich die Haltung der WSW in diesem Fall. Sigried Heuser bleibt daher nichts anderes übrig, als auf verständnisvolle Fahrer zu hoffen.