Interview Umstrittenes Festnahme-Video: SPD-Mann Bialas würde es wieder veröffentlichen

Der SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Bialas hat Verständnis für die Kritik daran, dass er einen Mitschnitt der Festnahme von Jobcenter-Chef Thomas Lenz verbreitet hat - verteidigt jedoch die Veröffentlichung.

Foto: SPD

Wuppertal. Mit einem wenige Sekunden langen Handy-Video hat der SPD-Landtagsabgeordnete Andreas Bialas einen Zwischenfall am Rande der Anti-Nazi-Demo am vergangenen Samstag in Barmen publik gemacht. Der Schnipsel zeigt eine Festnahme. Drei Polizisten stürzen sich entschlossen auf einen etwa 60 Jahre alten Mann. Wenige Wimpernschläge später liegt der Mann mit auf dem Rücken gefesselten Händen bäuchlings auf dem Boden. Es handelt sich um den Leiter des Wuppertaler Jobcenters, Thomas Lenz. Sonst wäre von diesem Polizeieinsatz vermutlich weit weniger Notiz genommen worden. Nun schlägt er Wellen bis nach Düsseldorf, wo sich die Landes-FDP über Bialas beklagt und ihm vorwirft, der Polizei, der er selbst einst angehörte, in den Rücken zu fallen.

Herr Bialas, verstehen Sie die Kritik an ihrem Handeln?

Rechte ziehen durch Wuppertal - Hunderte stellen sich ihnen entgegen
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Bialas: Ja, ich verstehe die Kritik. Für den Betrachter war nicht erkennbar, warum die Polizei in dieser Situation so gehandelt hat. Ich hingegen hatte Informationen über den Verlauf. Ich wusste, dass Herr Lenz von der Aktion, sagen wir, überrascht wurde.

Würden Sie das Video dennoch wieder einstellen?

Bialas: Ja.

Warum?

Bialas: Weil dadurch eine breite Diskussion angestoßen wurde.

Deren Ziel was wäre?

Bialas: Dass wir über verschiedene Dinge dringend reden müssen.

Welche wären das?

Bialas: Wir haben in Nordrhein-Westfalen eine sehr professionelle Polizei. Sie wird wegen ihrer Deeskalationsstrategie von überall in Deutschland angefordert. Unsere Polizisten wissen, Situationen durch Kommunikation zu entschärfen. Das sollten wir nicht ins Rutschen kommen lassen. Wir haben hier eine gute Polizei. Die sollten wir nicht aufgeben.

Was ist Ihrer Meinung nach noch zu diskutieren?

Bialas: Wir müssen im Zusammenhang mit dem geplanten neuen Polizeigesetz darüber reden, an wem wir drohende Gefahr festmachen. Wenn wir vor einer Demo bürgerliche Teilnehmer als Gefahrenquelle kriminalisieren, ist das fragwürdig.

Und?

Bialas: Wir müssen dringend die Frage aufwerfen, ob es sich eine Stadt gefallen lassen muss, Nazis und Verbrechern zur besten Zeit die besten Stellen einer Stadt zur Verfügung stellen zu müssen. Wir mussten am Samstag zuhören, wie Nazis riefen, dass sie seit 1933 wissen, wie man mit Minderheiten umgehen muss. Da wünsche ich mir, dass die FDP sich in die Gegendemonstration einreiht. Ich erwarte eigentlich, dass alle Abgeordneten da stehen.

Wie wollen Sie das denn erreichen?

Bialas: Durch ein bürgerliches Bündnis. Wir müssen ein Bündnis gründen, in dem alle demokratischen Parteien, Persönlichkeiten Wuppertals, die Polizei und auch Unternehmen vertreten sind.