Transformation Wuppertal Umweltökonomin Liesbeth Bakker und ihr Team arbeiten mit Schülern an einer nachhaltigen Zukunft in Wuppertal

Wuppertal · Ergebnisse werden 2025 bei einem Zukunftskongress präsentiert

 So sieht die „Vision für Oberbarmen 2045“ aus. Sie entstand im Rahmen des Tages des guten Lebens 2023

So sieht die „Vision für Oberbarmen 2045“ aus. Sie entstand im Rahmen des Tages des guten Lebens 2023

Foto: Ideaalwerk gGmbH

In den Niederlanden wird gerne betont, bei ihnen müsse alles „lekker makkelijk“ sein. Schön und einfach. Doch es funktioniert, sogar in Großstädten. Liesbeth Bakker, gebürtig aus Utrecht, hat als Umweltökonomin unter anderem Projekte in Delft und Maastricht realisiert. Als Gründerin der Wuppertaler Ideaalwerk gGmbH möchte sie Zukunft und Nachhaltigkeit auch in ihrer neuen Heimat etablieren.

Nach Projekten wie der „Tag des guten Lebens“ in Kooperation mit der Färberei im Sommer 2023 in Oberbarmen sowie „Katernberg zeigt Zukunft“ führt sie seit Januar dieses Jahres mit ihrem Team um Designer Jan Koemmet, Sozialpädagogin Katharina Pfeiffer und Erziehungswissenschaftler Georg Winterseel das Projekt „Transformation Wuppertal“ durch. Darin werden Initiativen für mehr Lebensqualität im Quartier aufgegriffen und gestärkt. Ab September wird das Team zudem mit drei Wuppertaler Schulen zusammenarbeiten: der Max-Planck-Realschule, dem Gymnasium Sedanstraße sowie dem Berufskolleg Barmen.

Ergebnisse werden 2025 bei einem Zukunftskongress präsentiert

In Bildungsreihen werden sich die Schülerinnen und Schüler mit den Themen Mobilität, Energie, Ernährung und Grün in der Stadt befassen. „Dabei geht es um Inspiration und um die Möglichkeit, anders zu denken“, sagt Liesbeth Bakker im Gespräch mit der WZ. „Wenn man den Schülern die Aufgabe stellt, das Haus zu malen, in dem sie in 30 Jahren wohnen wollen, zeichnen sie meist das Haus ihrer Eltern. Wenn man ihnen aber zeigt, wie etwa Künstler Friedensreich Hundertwasser Häuser entworfen hat, beginnt das Umdenken. Die jungen Menschen sollen ein Gefühl dafür bekommen, wie sie selbst wirksam werden können.“

Die Schüler lernen Handlungs- und Lebensweisen kennen und erarbeiten eigene Visionen für ihre Schule und ihr Quartier. Die Ergebnisse sollen im Sommer 2025 auf einem Zukunftskongress präsentiert werden. Das Projekt wird gefördert von der Stiftung Umwelt und Entwicklung NRW und dem Förderverein der Bundesgartenschau 2031 und findet unter anderem in Kooperation mit der Future Design Akademie von Holger Bramsiepe und Klaus Koffer statt.

„Wir leben in einer Zeit des Umbruchs, in der viele Dinge, auf die wir uns verlassen konnten, nicht mehr gut zu funktionieren scheinen“, erklärt Bakker. „Es gibt immer mehr Konflikte. Während wir in unserer Jugend noch optimistisch waren, hat sich das in der heutigen Generation geändert.“ Den Zweifeln und dem Pessimismus wolle das „Ideaalwerk“ mit dem Projekt etwas entgegensetzen, das Initiativen fördert, politische Runden organisiert und bei dem Schüler auch ihre eigene Zukunftsgeschichte schreiben werden.

„Wuppertal braucht dringend eine neue Perspektive“, betont Bakker. Dabei könne man sich an Erfolgsprojekten anderer Städte in Europa orientieren, etwa Amsterdam, Oslo oder Pontevedra. Letztere liegt im Norden Spaniens und hat rund 80 000 Einwohner. Dort sei es gelungen, die Innenstadt komplett autofrei zu machen. „Am Anfang war großer Widerstand vorhanden, der aber überwunden werden konnte.“ Das Ergebnis habe nicht nur Folgen für die Ökologie, „die Atmosphäre wirkt sich auch positiv auf das soziale Miteinander aus. Die Kinder können gefahrlos zu Fuß zur Schule gehen und auf der Straße spielen und es hilft auch den Händlern und Unternehmen, wenn der Autoverkehr reduziert ist.“ In einem Ring um die Innenstadt wurden größere Parkplätze eingerichtet, zugelassen sind nur Lieferverkehr sowie Notfallverkehr, Feuerwehr und Krankentransporte.

„Wir arbeiten daran, welche Ideen auch in Wuppertal Eingang finden könnten.“ Das sei nicht einfach, Wuppertal sei eine Autostadt, gerade die B7 mache „einen sehr tristen Eindruck“. Auch die Wupper sei wenig sichtbar, deren Ufer kaum zugänglich. „An der Nordbahntrasse dagegen sieht man zum Beispiel, wie sie den Radverkehr fördert.“ Die Verkehrswende lasse sich nur erreichen, wenn die Möglichkeiten des alternativen Verkehrs attraktiv gestaltet werden. Amsterdam habe in Teilen der Innenstadt fast gleichberechtigte Straßen für den motorisierten Verkehr, Radfahrer und Fußgänger. „In den Innenstädten niederländischer Städte ist die Aufenthaltsqualität größer.“

Ein digitaler Entwurf, der vergangenes Jahr beim Tag des guten Lebens vorgestellt wurde, zeigt bereits den Stadtteil Oberbarmen mit verkehrsberuhigten Straßen, ausreichend Platz für Fußgänger und Radfahrer, viel Grün auch an Gebäudefassaden und Dachgärten. Dazu eine Schwebebahn, deren Gerüst mit Solarkollektoren ausgestattet ist, eine zusätzliche Straßenbahn und Windräder auf den Höhen. Die Vision bezieht sich auf das Jahr 2045. Soll sie Realität werden, bleiben also noch knapp 20 Jahre Zeit.