Uni sucht Rezept gegen den Heißhunger
Teilnehmer einer Studie lernen, wie sie ihren Appetit auf Süßigkeiten bändigen — am besten mit Entspannungsübungen.
Wuppertal. Am Aschermittwoch beginnt die Fastenzeit. Viele Menschen verbinden mit dem Aschermittwoch Vorsätze, zumindest für einige Wochen den süßen Versuchungen zu widerstehen. Doch der Heißhunger auf Süßes ist nicht so leicht abzuschalten. An der Bergischen Universität wird in einer Studie untersucht, wie das Gehirn zum Beispiel durch Entspannungsmethoden überlistet werden kann.
Chips, Gummibärchen oder Sahnetorte — das sind Leckerbissen, bei denen viele Menschen schwach werden. Wer unter Heißhungerattacken leidet, verspürt diese besonders in Stresssituationen, wirft alle guten Vorsätze über Bord und verliert so die Kontrolle über sein Essverhalten. Wer dem Drang nachgibt, spürt aber nur eine kurze Erleichterung. Scham und Schuldgefühle stellen sich ein, die den Stress wieder erhöhen. Ein Teufelskreis.
Das psychologische Forschungsinstituts Psyrecon und die Bergische Universität Wuppertal suchen Auswege. „Unser Programm eignet sich vor allem für Frauen, die sagen ,ich wollte eigentlich Diät machen und dann kam der Alltag’“, erklärt Diplom-Psychologin und Psyrecon-Mitarbeiterin Jennifer Schmidt.
Sie bietet ein Trainingsprogramm an, das sehr individuell gestaltet ist und mit Bildern von Lebensmitteln arbeitet, die bei der Probandin Heißhungerattacken auslösen. Messbar ist die Erregung im Gehirn über ein Hirnstrom-EEG. Die Frauen lernen, ihre emotionale Erregung durch Entspannungsmethoden zu beeinflussen und wie sich das auf ihr EEG ausrikt. Schon beim ersten Versuchslauf wurden „hohe Effekte“ bemerkt. „Bei vielen Probandinnen ist es gelungen, die Zahl der Heißhungerattacken pro Woche deutlich zu reduzieren“, berichtet Schmidt. „Es geht primär nicht darum, Gewicht zu verlieren, sondern die impulsiven Handlungen zu kontrollieren und so auch kalorienreichen Verführungen widerstehen zu können“, erklärt die Psychologin.
Auch bei ADHS und Schlafstörungen wird die sanfte Methode eingesetzt. Das Institut steht in enger Verbindung mit Professor Alexandra Martin, Leiterin des Lehrstuhls der Klinischen Psychologie an der Bergischen Universität. Die Wissenschaftlern forscht im Bereich Bio- und Neurofeedback. „Diese Methode wird in der Medizin in Zukunft eine immer größere Rolle spielen“, sagt die Wissenschaftlerin. „Die Patienten lernen, ihre körperlichen Reaktionen besser zu kontrollieren. Das ist Hilfe zur Selbsthilfe“, so Martin.