Engels-Jahr „Engels ging mit offenen Augen durch die Welt“

Wuppertal · Wie wird Friedrich Engels aus Sicht von Unternehmern wahrgenommen? Darum drehte sich die jüngste Edition der Reihe „Engels neu denken“.

Lutz Becker (v.l.), Reinhard Pfriem, Burkard Flieger und Ralf Putsch diskutierten im Knipex-Forum über Friedrich Engels aus Sicht des Unternehmers.

Foto: Fries, Stefan (fri)

Unternehmer und Kapitalismuskritiker – Friedrich Engels war beides in einem. Beim Vortragsabend im Knipex-Forum ging es um die Frage, ob der Doppelgesichtige Unternehmern von heute und morgen noch etwas zu sagen hat. Die Antworten fielen denkbar verschieden aus.

Was sicher auch an den beruflichen Hintergründen der Vortragenden lag. Als Praktiker argumentierte Knipex-Geschäftsführer Ralf Putsch. Reinhard Pfriem, Kurator der Reihe „Engels neu denken“, hat sich als BWL-Professor mit Unternehmensführung und betrieblicher Umweltpolitik beschäftigt. Zwischen Theorie und Praxis vermittelte Burghard Flieger, der sich für genossenschaftliche Neugründungen engagiert.

Unterschiedliche Ansätze, aber auch Zustimmung

Trotz der unterschiedlichen Ansätze konnten die Drei Moderator Lutz Becker zustimmen. Dieser beschrieb Engels als einen, „der mit offenen Augen durch die Welt gegangen ist“. Den „Schreibtischphilosophen Marx“ habe er mit der Lebenswirklichkeit von Bürgern und Arbeitern vertraut gemacht – und so geholfen, das Denken seines Freundes zu strukturieren.

Während Putsch der „teilnehmende Beobachter“ Engels sympathisch ist, tauge dieser nicht als unternehmerisches Vorbild. Aus den Quellen lasse sich nicht erkennen, „dass er Freude an der Arbeit hatte“. Ebenso auffällig sei, dass von Engels keine Impulse für positive Veränderungen im väterlichen Betrieb ausgingen – ganz anders als beim Barmer Fabrikanten Johannes Schuchard.

Die kritische Analyse des 1895 Verstorbenen bleibe hingegen aktuell, weil es bis heute Möglichkeiten gebe, Menschen auszubeuten. Sozialgesetzgebung, Gewerkschaften, Tarifverträge – das sind für Putsch Antworten auf Fragen, die Engels aufgeworfen hat. Die Marktwirtschaft müsse freilich durch Gesetze reglementiert werden. Große Bedeutung komme auch den Konsumenten zu. „Die Gesellschaft erwartet, dass sich ein Unternehmen nach nachhaltigen Kriterien ausrichtet.“

Nicht von „Marktwirtschaft“, sondern von Kapitalismus sprach Pfriem. Dieser habe sich seit Engels‘ Tod global ausgebreitet. „Die Ergebnisse sind verheerend – kulturell, ökologisch, sozial.“ Gegen diese These gab es Einwände aus dem Publikum. Pfriem bestritt nicht, dass etwa die Zahl der Hungernden weltweit zurückgegangen sei.

Merkmale zukunftsfähiger Unternehmen neu denken

Neu nachdenken müsse man aber über die „Merkmale zukunftsfähiger Unternehmen“. So sei Kooperation dem Konkurrenzprinzip überlegen. „Die kapitalistische Wirtschaft muss durch anderes Wirtschaften überwunden werden“, betonte der Referent.

Alternativ wirtschaften schon jetzt die Unternehmen, die Flieger betreut. Genossenschaften, erklärte der Volkswirt den amüsierten Zuhörern, seien die Äpfel, die man nicht mit den herkömmlichen Birnen vergleichen solle. Die genossenschaftlich organisierten Betriebe folgten unter anderem dem Demokratieprinzip (jeder Mitarbeiter ist stimmberechtigt) sowie dem Identitätsprinzip (der Mitarbeiter ist gleichzeitig auch Miteigentümer).

Die nächste Ausgabe von „Engels neu denken“ findet am 29. Oktober statt. In der Citykirche geht es dann um Globalisierung und nachhaltige Entwicklung.