Besuch aus Amerika Ur-Ur-Enkelin des Erfinders fährt zum ersten Mal mit der Wuppertaler Schwebebahn

Wuppertal · Amerikanerin Andrea Spurgeon ist bei ihrem Besuch in Wuppertal begeistert. Eugen Langen ist in ihrer Familie oft Gesprächsthema.

Andrea Spurgeon (Mitte) zu Besuch bei Caterina Lichtenberg und Mike Marshall auf der Hardt.

Andrea Spurgeon (Mitte) zu Besuch bei Caterina Lichtenberg und Mike Marshall auf der Hardt.

Foto: Lilo Ingenlath-Gegic

Andrea Spurgeon sitzt in einem Café am Döppersberg, als sie zum ersten Mal in ihrem Leben eine Schwebebahn vorbeifahren sieht. Die Amerikanerin ist gerade mit dem Zug angekommen und sieht dieses besondere Verkehrsmittel, von dem in ihrer Familie in fernen Kalifornien oft die Rede war. Die weltberühmte Wuppertaler Schwebebahn – der offizielle Name lautete „Einschienige Hängebahn System Langen“ – wurde von Carl Eugen Langen (1833-1895) erfunden. Dieser Ingenieur, Erfinder und Unternehmer war Andrea Spurgeons Ur-Ur-Großvater.

Langen erlebte den Baustart seiner Erfindung nicht mehr, er starb im Oktober 1895 auf seinem Landsitz Haus Etzweiler bei Elsdorf. Er selbst nannte seine Erfindung „Schwebebahn“, was technisch nicht korrekt ist, da sie an Schienen hängt. Schon 1894 hatten die Großstädte Barmen und Elberfeld dem Schwebebahnprojekt „System Langen“ zugestimmt. Vereinbart wurde, die Strecke über die Wupper zu bauen. Im Jahr 1903 wurde der Bau bereits beendet und die moderne Hochbahn fuhr „elektrisch“ von Vohwinkel bis Rittershausen (Oberbarmen) und zurück. 19 200 Tonnen Eisen waren verarbeitet worden, die Baukosten betrugen rund 16 Millionen Goldmark.

Dass die Ur-Ur-Enkelin des Erfinders erst mit 68 Jahren zum ersten Mal nach Wuppertal kommt, ist eine besondere Geschichte. Langen hatte zehn Kinder aus erster und sechs aus zweiter Ehe. Entsprechend groß und weit verzweigt ist die Familie. Die Mitglieder leben heute in allen Erdteilen, der Familienverband hat eine Familienplattform und ein Familiennetzwerk, in dem Nachkommen von Eugen Langens Vater organisiert sind.

Andrea Spurgeon ist nicht vernetzt, doch über den Stammbaum ihrer Vorfahren gut informiert. Als Andrea Seyffert wurde sie 1956 in Mainz geboren, ein Jahr später starb ihr Vater. Die Mutter wanderte mit zwei Kindern nach Amerika aus und fand Unterstützung und Anschluss in Berkeley. Einmal im Jahr reiste man nach Deutschland zu Oma Heidi (eine Enkelin von C.E. Langen), die in Solingen auf Gut Hackhausen lebte. Mutter und Großmutter erzählten oft von dem Erfinder. „Wir haben Fotos von der Schwebebahn gesehen und gestaunt“, erzählt Andrea Spurgeon. „Es war immer das Gefühl, dass es sehr cool ist, was Carl Eugen da erfunden hat“, erinnert sich die Amerikanerin bei ihrem ersten Besuch in Wuppertal.

Auch an der Entwicklung des Ottomotors und weiteren Innovationen war Langen beteiligt und „die Firma“ war ebenfalls ein Thema: Langen gründete 1870 zusammen mit Emil und Valentin Pfeifer den Zuckerfabrikationskonzern Pfeifer & Langen. Bis heute ein Familienunternehmen. Er schuf neue Produktionsmethoden, unter anderem eine Maschine, die Würfelzucker herstellte.

Andrea Spurgeon, fünf Generationen von Langen entfernt, kam trotz der jährlichen Deutschlandbesuche nie nach Wuppertal, bis sie 2021 eine Familie kennenlernte, die in Wuppertal lebt. Zwei Tage, nachdem sie nach Benicia gezogen war, begegnete sie dort zwei Wuppertalern. In der Warteschlange einer Bäckerei kam sie mit einem Ehepaar ins Gespräch, hörte einen leichten deutschen Akzent bei der Frau und fragte nach.

Es handelte sich um Caterina Lichtenberg und Mike Marshall, die in der kleinen Stadt in Kalifornien jährlich ihren gemeinsamen Workshop „Word Mandolin Retreat“ abhalten. Lichtenberg ist Professorin für Mandoline an der Hochschule für Musik Wuppertal, Marschall gilt als Bluegrass-Legende und steht für die Vielfalt der Mandoline. Die Musiker leben mit ihren Töchtern Pauline und Josefine einige Monate im Jahr in Oakland bei San Francisco, vor allem aber in Wuppertal.

So wurde Wuppertal Andrea Spurgeons erstes Gesprächsthema an ihrem neuen Wohnort. „Dadurch habe ich jetzt einen persönlichen Bezug zu dieser Stadt und es war klar, dass ich die Familie Lichtenberg/Marshall in Wuppertal besuchen werde.“ Inzwischen hat sie etliche Fahrten mit der Schwebebahn gemacht und ist begeistert. „Als wir über das Wasser gefahren sind, hat mich das sehr beeindruckt“, sagt sie. Die Fahrten mit der Erfindung ihres Vorfahren wird sie nie vergessen und auch vom Schwebodrom war sie angetan. Von nun an will Andrea Spurgeon öfter nach Wuppertal kommen.