Gemeinde Uellendahl-Ostersbaum Verena Kroll ist Pfarrerin für Hörende und Gehörlose in Wuppertal

Wuppertal · Die 35-Jährige hat in der Gemeinde das Amt von Karin Weber übernommen.

Pfarrerin Verena Kroll tritt ihren Dienst in der hörenden und gehörlosen Gemeinde an.

Foto: Dirk Banse

Die evangelische Kirchengemeinde Uellendahl-Ostersbaum hat seit wenigen Tagen eine neue Pfarrerin. Verena Kroll, die vor kurzem ihr Vikariat, also die Ausbildung zur Pfarrerin, in der Gemeinde in Langerfeld beendete, übernimmt nun das Amt. In diesem gibt es eine große Besonderheit: Sie wird jeweils zur Hälfte für die gehörlose und die hörende Gemeinde zuständig sein. Die Arbeit in der Gehörlosenseelsorge reicht über die Stadtgrenzen hinaus. Unter anderem betreut sie dann auch Gemeinden in Solingen und Remscheid, gemeinsam mit ihrem Kollegen Pfarrer Josef Groß aus Düsseldorf.

Pfarrerin zu werden war für Kroll das angestrebte Ziel. Dass sie nun eine Stelle antritt, die die Arbeit in der gehörlosen Gemeinde mit einschließt, freut sie umso mehr. „Das war wie ein göttlicher Fingerzeig“, findet sie. Ihre ersten Berührungspunkte mit Gehörlosigkeit und Gebärdensprache hatte sie als Jugendliche bei einem Auslandsaufenthalt in Amerika: „Ich hatte da einen gehörlosen Mitschüler in der Klasse und mich hat fasziniert, mit welcher Selbstverständlichkeit damit umgegangen wurde.“

Später im Studium griff sie das Thema erneut auf und belegte einen Kurs für deutsche Gebärdensprache, in der sie allererste Grundlagen erlernte. Leider kam der Kurs wegen zu wenig Interessenten nicht weiter zustande. Krolls Interesse an dem Thema blieb aber weiter bestehen. Eine wichtige Voraussetzung für ihr neues Amt, denn um als Ansprechpartnerin für die gehörlosen Gemeindemitglieder da sein zu können, ist eine gemeinsame Sprache unerlässlich. Kroll ist dankbar, dass die Kirche ihr eine Ausbildung für deutsche Gebärdensprache finanziert. Im Einzelunterricht mit einem gehörlosen Lehrer hofft sie, schnell Fortschritte zu machen.

In der Gemeinde ist die Anwendung von Gebärdensprache bereits etabliert. „Meine Vorgängerin Karin Weber hat da tolle Arbeit geleistet“, erklärt Kroll. So sei es in den zugehörigen evangelischen Kindergärten ganz selbstverständlich, zu den gesungenen Liedern auch die richtigen Gebärden zu vermitteln. „Kinder saugen das auf wie ein Schwamm“, erzählt Kroll. Ihre Tochter habe nach wenigen Wochen schon mehr Gebärden beherrscht als sie aktuell, meint sie lachend. Dazu kommen neben den regelmäßigen Gottesdiensten weitere Angebote für Menschen aller Altersgruppen. In diesem Sommer gab es unter anderem eine Freizeit für Familien mit Kindern, die taub oder hörgeschädigt sind oder taube oder schwerhörige Eltern haben.

Gehörlose Menschen in die Gesellschaft integrieren

Es geht aber nicht nur darum, Angebote für gehörlose Menschen in der Gemeinde zu schaffen, sondern auch, sie in die Gesellschaft zu integrieren und für Sichtbarkeit zu sorgen. Etwa 80 000 Menschen sind in Deutschland gehörlos. Doch rund 250 000 Menschen verständigen sich aufgrund von Schwerhörigkeit mit Gebärdensprache. Ihr Leben findet oft abseits der Gesellschaft statt, sie haben mit vielen Hürden zu kämpfen. Kroll hat da gleich ein Beispiel: Ihr Gebärden-Lehrer wollte sie darüber informieren, dass er sich verspäte und war darauf angewiesen, sie telefonisch zu kontaktieren. Der Dienst, der dieses Gespräch dolmetschte, ist dank moderner Technik möglich, kostet die Nutzer allerdings Geld. Kosten, die eine Krankenkasse nicht erstattet. Vermeintlich eine Kleinigkeit, doch sie zeigt, wie wenig Gehörlose in der Gesellschaft mitgedacht werden. Für Kroll ist es eine große Freude und eine Herzensangelegenheit, mit ihrer Arbeit Raum für Kontakt zu schaffen und gehörlose Mitglieder aktiv einzubeziehen.

Sie blickt ihrer neuen Aufgabe freudig und motiviert entgegen. Zu ihrem Alltag werden in Zukunft neben der Arbeit mit der gehörlosen Gemeinde, viele weitere Tätigkeiten gehören. „Es ist nicht unüblich, als Pfarrerin 50 Stunden oder mehr in der Woche zu arbeiten“, erklärt sie. Taufen, Trauungen, Beerdigungen, Gottesdienste – das alles muss nicht nur durchgeführt, sondern auch vorbereitet werden. Doch für Kroll ist es genau das, was sie sich gewünscht hat. Und eben auch die Gelegenheit, etwas für Gehörlose zu bewegen.