Verteuert ein neues Gesetz Bauvorhaben in Wuppertal?

Eine neue Regelung zur Tariftreue gilt ab heute — und ist sehr kompliziert.

Wuppertal. Das Prinzip war denkbar einfach: Der Billigste bekommt den Zuschlag. Was lange bei öffentlichen Ausschreibungen der Stadt galt, funktioniert seit heute in der Form nicht mehr. Am 10. Januar hat die damalige Landesregierung das Tariftreue- und Vergabegesetz beschlossen, das heute in Kraft tritt.

Im Kern ändert sich bei städtischen Vergabeverfahren, dass Unternehmen, die sich um Aufträge mit einem Volumen von mindestens 20 000 Euro bewerben, ihren Mitarbeitern ein Mindestentgelt von 8,62 Euro zahlen müssen. Ein Schritt gegen Billiglöhne. Zudem werden im Vergabeverfahren Kriterien wie Umweltschutz, Energieeffizienz und Sozialverträglichkeit berücksichtigt.

Die Gewerkschaften sind zufrieden mit dem neuen Gesetz: „Wir sind froh, dass die Landesregierung gehandelt hat. In Zukunft müssen Unternehmen nicht mehr mit Dumpinglohn-Firmen konkurrieren“, sagt Guido Grüning, Gewerkschaftssekretär des DGB Wuppertal.

Die Arbeitgeberseite sieht Nachteile für die Unternehmen. „Was uns Sorge macht, ist der zusätzliche Bürokratieaufwand. Die Unternehmen sind nicht begeistert“, sagt Klaus Appelt, Bereichsleiter Innovation und Umwelt bei der IHK Wuppertal.

Die IHK befürchtet, dass die kleinen Unternehmen bei den Ausschreibungen abgeschreckt werden. Auch der DGB räumt ein: „Wir haben bedenken, wie die Unternehmen die Sozial- und Umweltkomponente leisten können“, sagt Grüning. Weniger Wettbewerb könnte höhere Preise für die Stadt bedeuten.

Ähnlich sieht das die Vereinigung Bergischer Unternehmerverbände (VBU). „Das Abrücken von dem Gebot der Wirtschaftlichkeit führt zwangsläufig zu höheren Preisen für die öffentliche Hand“, sagt Frank Witte, Pressesprecher der VBU-Geschäftsführung.

Mehrkosten, die Wuppertal — der derzeitige Schuldenstand beträgt rund 2,3 Milliarden Euro — tragen müsste. „Entspannt bin ich nicht angesichts der Neuregelung. Wir können keine Mehrkosten gebrauchen“, sagt Stadtkämmerer Johannes Slawig. Ob es wirklich teurer wird für die Stadt, kann er zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilen. „Wenn es Mehrkosten geben sollte, würden wir uns an das Land wenden und um Nachbesserung bitten.“ Über steigende Kosten kann im Rathaus nur spekuliert werden, sicher ist aber, dass die Aufgaben bei städtischen Vergabeverfahren wachsen werden. „Der Verwaltungsaufwand ist groß. Aber mit unserem guten Rechtsamt werden wir das hinkriegen,“ sagt Slawig.

Ab der nächsten Woche könne die Stadt rechtssicher ausschreiben. Trostpflaster für die Stadt: Das Land hat zugesichert, die höheren Verwaltungskosten zu tragen. „Wer die Musik bestellt hat, muss sie auch bezahlen“, sagt Slawig.