Fernwärme und alte Gemäuer Viel zu entdecken beim Baustellenspaziergang durch die Wuppertaler City
Wuppertal · WSW und WZ führten 20 interessierte Wuppertalerinnen an den Baustellen der Elberfelder Innenstadt entlang.
Könnte die Stadt nicht vielleicht Kapital aus der Dauerbaustelle in der Elberfelder-City schlagen, indem sie die historischen Steine, die bei den Ausgrabungen gefunden werden, an interessierte Bürger verkauft? Das wäre doch viel besser, als die historischen Funde nur zu dokumentieren und anschließend wieder zuzuschütten. Bei der gestrigen Baustellenführung von WSW und WZ sorgte dieser – natürlich nicht ganz ernst gemeinte – Vorschlag für Erheiterung bei den Teilnehmern. Sie stammten allesamt aus dem Kurs „Hinter die Kulissen geschaut“ des Bildungswerks „Arbeit und Leben“. Knapp 20 interessierte Wuppertalerinnen hatten bei dem Spaziergang die Möglichkeit, Gerhard Daun und Dirk Hubich von den Wuppertaler Stadtwerken mit ihren Fragen rund um die Fernwärmebaustelle zu löchern – und nutzen die Gelegenheit auch.
Dauerthema bei der Führung war die Dauer der Arbeiten. Daun führte aus, dass bis 2034 die Fernwärme verlegt sein soll. Einst war die Fertigstellung für 2030 geplant, dieser Termin wurde bereits nach hinten korrigiert. Der Ingenieur ist zuversichtlich, dass der neue Termin eingehalten werden kann. Die Damen des Kurses hingegen sind da skeptischer: „Ich werde dann gerne 2035 noch einmal mit ihm sprechen. Ich glaube nicht, dass das klappt“, sagt etwa Sigrid Prostka. „Es gibt einige Hindernisse, wie lange Lieferzeiten und fehlende Handwerker, die Herr Daun selbst eingeräumt hat, sodass ich mir kaum vorstellen kann, das der Termin eingehalten werden kann.“
Geplant sind für den Fernwärmeausbau insgesamt 24 Kilometer neue Leitungen, geschafft sind davon bisher 350 Meter. Die alten Leitungen, die bisher für die Wärmeversorgung dienten, sind noch aus den 1930er Jahren, neuere Stücke aus den 1960er bis 1970er Jahren, erklärt Daun. Besonders für dicht besiedelte Gebiete wie die City sei diese Art der Wärmeversorgung zukunftsfähig, insbesondere, weil sich andere Alternativen, wie zum Beispiel die Wärmepumpen eher nicht eignen, erklärt er auf Nachfrage: „Zum einen ist in den Innenstädten kein Platz für Wärmepumpen. Sie könnten höchstens auf den Dächern platziert werden, was Probleme mit der Traglast geben könnten, da die Geräte nicht ganz leicht sind.“ Darüber hinaus erzeugten Wärmepumpen nur eine gewisse Temperatur. Die reiche bei dem energetischen Zustand der meisten Häuser in der Innenstadt nicht aus, sagt er.
Die alten Leitungen waren nicht mehr zeitgemäß
Als Textilstadt habe Wuppertal schon immer viel Dampf benötigt, darum gibt es bereits lange Fernleitungen in der Stadt. Doch die Leitungen sind mittlerweile eben veraltet und verlieren auf ihrem unterirdischen Weg an Wärme, das sei nicht mehr zeitgemäß, erklärt Daun. 2008 hätten die WSW eine Strategie zur Modernisierung der Netze aufgestellt, bei der letztendlich entschieden wurde, neue Fernwämeleitungen zu legen.
Warum die WSW damit aber in der Elberfelder City beginnen, wo dieser Bereich, mit Blick auf das gesamte geplante Netz, doch eher zentral liege, wollte Kursleiterin und Historikerin Elke Brychta wissen. „Die Stadt Wuppertal wollte die Innenstadt modernisieren und durch neue Bodenbeläge verschönern. Da lag die Entscheidung nah, dass zunächst die WSW neue Leitungen legt“, erklärt Dirk Hubich.
An der Kreuzung Postraße/AlteFreiheit/Schöne Gasse/Turmhof konnten die Teilnehmer des Spaziergangs dann beim Blick in die Baugrube auch den Archäologen bei der Arbeit zusehen. Archäologe Kay Schrameyer erklärte sich zur Begeisterung aller dann auch spontan bereit, einige Erklärungen zu machen. So lernten Brychta und ihre Kursteilnehmer, dass die Archäologen an dieser Stelle Teile der ehemaligen Wasserburg Elberfeld (um 1355 datiert) dokumentieren, die ursprünglich weiter im Bereich Turmhof verortet wurde und dass dort auch Funde älteren und jüngeren Datums gemacht wurden.
Dass sich die Bauarbeiten insgesamt durch den Denkmalschutz in der Vergangenheit immer wieder verzögert haben, sorgte bei den Kursteilnehmerinnen für Unverständnis: „Es ist ja eigentlich keine Überraschung, dass Elberfeld auf einer Burg liegt. Das haben wir schon früher in der Schule gelernt“, sagt zum Beispiel Doris Sauer-Wiemert.
Eine Neuerung des Denkmalschutzgesetzes 2022 hat für viel Zeitverzögerung gesorgt. Allerdings stößt die Vorgehensweise, die Funde zu dokumentieren und dann wieder zuzuschütten statt zu sichern, ebenfalls auf Unverständnis: „Wenn sich schon so viel Mühe gemacht wird, könnte doch auch für die Öffentlichkeit etwas daraus gemacht werden“, wünschen sich einige. Sauer-Wiemert zu Beispiel könnte sie sich vorstellen, dass ein Teil der Gruben mit einer Glasscheibe bedeckt wird, sodass Spaziergänger später einen Blick auf die alten Gemäuer werfen können.
Die meisten Teilnehmerinnen sehnen ein Ende der Baustelle herbei. Sie hoffen, dass die City dann wieder aufgewertet wird. „Momentan komme ich nur her, wenn ich wirklich muss“, sagt Doris Sauer-Wiemert.