Corona-Pandemie Die Freiheit im Barmer Zentrum wird nicht von allen mit Vorsicht genossen
Wuppertal · Vielen Wuppertalern merkt man an, dass sie mittlerweile deutlich weniger Angst vor einer Infizierung mit dem Coronavirus haben. Vorsicht ist nicht mehr überall erstes Gebot.
Am Springbrunnen „Das Tal der Wupper“ auf dem Johannes-Rau-Platz nimmt eine Gruppe Tauben in den Bildreliefs ein kühles Bad. Und obwohl sie es angesichts der sommerlichen Temperaturen nötig haben, sind die Vögel die einzigen, die sich auf dem Rathausvorplatz in einer größeren Gruppe aufhalten. Die Sitzgelegenheiten rund um den Platz sind nicht ausgelastet, ganz so, wie es während der Krise angeraten ist.
Jene, die auf Bänken Platz nehmen, halten dabei Abstand zueinander, sollten sie nicht ohnehin gemeinsam unterwegs sein. Der überwiegende Teil der Passanten ist entweder allein oder zu zweit zu sehen, es sei denn, es handelt sich um Familien mit Kindern. Vereinzelt wird in Cafés auch Gebrauch von der Neuregelung gemacht, dass sich Angehörige zweier Haushalte in der Öffentlichkeit treffen können.
Doch ein Blick in das Barmer Zentrum offenbart auch, dass die schrittweise Aufhebung der Maßnahmen gegen die Pandemie längst nicht immer mit Vorsicht genossen wird. Schnell entsteht der Eindruck, dass die Lockerung für einen teils zu unbedachten Umgang sorgt. Zwar ist auf dem Johannes-Rau-Platz und am Alten Markt grundsätzlich genug Platz, sodass sich die Menschen hier theoretisch mit ausreichend Abstand zueinander aufhalten könnten. In der Praxis jedoch ist vor allem der Werth auf eine Weise besucht, die nicht darauf schließen lässt, dass weiterhin Vorsicht gegeben sein sollte. Gesichtsmasken sind zwar omnipräsent, werden aber längst nicht von allen aufgesetzt, die sich in Reichweite anderer aufhalten. Das Land NRW spricht in seinen Hinweisen nur recht nebulös vom „Tragen eines Mund-Nase-Schutzes in bestimmten Bereichen“. In jedem Fall aber gilt weiterhin „die allgemeine Abstandsregelung von 1,5 Metern“, die insbesondere auf dem Werth aufgrund der zahlreichen Passanten selten beachtet werden kann.
Händler geben die Regeln des Landes weiter
Das stößt manchem sauer auf, wie am Alten Markt erkennbar ist. Symbolträchtig prangt vor dem Kaufhaus ein Kreide-Schriftzug auf dem Gehweg: Die „Konjunktur um jeden Preis“ wird ins Visier genommen, die Verfasser zeigen sich entrüstet von der Wiederaufnahme vieler Gewerbe trotz andauernder Corona-Krise. Nun flanieren zahlreiche Einkaufende über den Schriftzug, obwohl sich die Sachlage kaum verändert hat. Natürlich wurden entsprechende Vorsichtsmaßnahmen eingeleitet; so ist etwa das Betreten einiger Läden nur mit Warenkorb gestattet, um die Zahl der Menschen im Geschäft zu begrenzen, oder es muss sich zur Nachvollziehbarkeit von etwaigen Infektionsketten mit Kontaktdaten in eine Liste eingetragen werden.
So zum Beispiel im Eis-Café Venezia, wo Paris Ntougias tätig ist: „Manche Leute sind etwas genervt davon, aber alle halten sich daran“, sagt er. Mit Blick auf den dieser Tage sehr belebten Platz appelliert er daran, die Regeln zu befolgen: „Wenn es nicht funktioniert, können wir bald wieder schließen.“ Die Kundschaft im Eiscafé zeigt sich aber zuversichtlich, es wird nur in Kleingruppen zusammengesessen.
Doch auch am Alten Markt werden die Gebote nicht immer beachtet; hier und da werden einzelne Gruppen der Verantwortung sich selbst und ihren Mitmenschen gegenüber nicht gerecht, wenn sie eng beisammenstehen. Paris Ntougias erinnert an die Wichtigkeit der Teilnahme aller: „Wir müssen zusammen da durch, anders geht es nicht.“