Vom Fußballer in Wuppertal zum Millionär am Bosporus
Murat Peker feiert mit seinen früheren Mitspielern von Viktoria 1896 seinen 70. Geburtstag im Barmer Bootshaus.
Wuppertal. Der braun gebrannte, weißhaarige ältere Herr war sprachlos und hatte Tränen in den Augen, als ihm beim Betreten des „Bootshauses“ in Barmen ein vielstimmiges „Happy birthday to you“ entgegen schallte. 70 Jahre war Murat Peker geworden, der einstige Spieler der glorreichen Viktoria-1896-Mannschaft, der in Istanbul verwirklicht hat, was man in den USA den „amerikanischen Traum“ nennt.
Vom Fensterputzer zum Unternehmer und Millionär hatte es der Türke in seiner Heimatstadt gebracht, aber nie den Kontakt zu seinen Viktorianern verloren und vor allem seinen ehemaligen Mitspieler, Freund und Lehrmeister („er ist ein Bruder für mich“) Artur Mittler regelmäßig getroffen.
Artur Mittler war es, der die Geburtstagsüberraschung zusammen mit dem einstigen Viktoria-Kapitän und Spielmacher Gerd Bönschen (75) eingefädelt hatte. „Weil der Murat so ein toffer (Wuppertaler Idiom für einen sympathischen Menschen, d.Red.) Kerl ist, gab es keine Absagen“, erklärte Artur Mittler. Der frühere Viktoria-Vorsitzende Paul Krüger hatte den begabten türkischen Mittelfeldspieler entdeckt und nach Deutschland geholt. „Aber Fußballer allein reicht nicht. Du musst auch arbeiten“, hatten Krüger und Trainer Rudi Schlott Murat Peker eingeschärft.
Artur Mittler über Murat Peker
Werner Schönherr, einer von 50 Gästen, hatte ihm den ersten fachgerechten Umgang mit Wischer und Fensterleder beigebracht, beim späteren WSV-Präsidenten Friedhelm Runge („Der Friedhelm hat selbst abends im Bett noch Akten studiert“), der damals noch beim SSV Germania spielte, fand er zeitweise Unterkunft, und Gebäudereinigungsunternehmer Artur Mittler machte seinen türkischen Mitspieler mit den Feinheiten seines Gewerbes vertraut.
„Der Murat hat schnell gelernt“, erinnert sich Mittler. Und das bezog sich auch auf die „deutschen Tugenden“ wie Disziplin, Fleiß und Pünktlichkeit. „Mein Kopf denkt deutsch“, bekennt Murat Peker, der in Istanbul die erste Gebäudereinigung installierte und sich eine Firma mit bis zu 200 Angestellten aufbaute, eine Fabrik errichten ließ und zu einem geachteten Mitglied der Istanbuler Gesellschaft aufstieg. Auch sein Verein, der 13-fache türkische Meister Besiktas, war dankbar für die Ratschläge seines einstigen Spielers, berief ihn in den Vorstand, wo er seit rund zehn Jahren die Geschicke mitbestimmt.
„Als wir ihn einmal beim Länderspiel Türkei gegen Deutschland in Istanbul besucht haben, da hat er uns in Clubs mitgenommen, die wir sonst sicher nur von außen gesehen hätten“, erinnert sich Hans-Helmut Heu an die Gastfreundschaft des Alt-Viktorianers. Seine früheren Mannschaftskameraden Ernst Orthmann, Jürgen Petry, Günter Straka und Klaus Köchling versprachen: „Wir werden den Murat in nächster Zeit auch mal besuchen.“
Bei den Geschenken hatte sich Gerd Bönschen etwas Besonderes einfallen lassen: Man hatte bei einem Barmer Juwelier eine Armbanduhr fertigen lassen, auf der eine Schwebebahn den Sekundenzeiger bildet. Dazu gab es ein Gemälde des Kaiserwagens — natürlich in Viktoria-1896-Rot.