Vom Kaufmann zum Bankräuber

Wie ein Wuppertaler (52) nach Hamburg ging, um sein Leben zu ändern, dann die falsche Entscheidung traf und eine milde Richterin fand.

Wuppertal. Vier Stunden nach dem Überfall saß Rolf S. seelenruhig auf einer Parkbank im Hamburger Stadtteil Elmsbüttel und zählte seine Beute. Mit Zahlen kennt sich der 52-Jährige aus. 31 Jahre hat er als Kaufmann für ein Unternehmen in Wuppertal gearbeitet. Das ist alles vorbei.

5170 Euro hat ihm an jenem Sommer-Vormittag ein Angestellter der Sparkasse in der Hamburger Altstadt in einen Jutebeutel gepackt. Rolf S. soll beim Überfall am 6. Juli dieses Jahres um 10.19 Uhr "eiskalt" gewesen sein.

Dem Kassierer schob der 52-Jährige einen Zettel zu, fordert Bargeld: "sonst detoniert die Bombe", stand auf dem Schnipsel.

Rolf S. bekommt das Geld. Während seiner Flucht zieht er sich um. Die Tüte mit den Klamotten vom Überfall findet sich kurze Zeit später in einer Tiefgarage. Längst ist die halbe Hamburger Polizei samt Hubschrauber hinter dem Wuppertaler her. Es ist eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann er geschnappt wird.

Ex-Kaufmann S. ist unmaskiert zum Überfall marschiert. Die Überwachungskamera hat ein Foto gemacht. Es gibt jede Menge Hinweise aus der Bevölkerung.Als die Zivilfahnder auf ihn zustürmen, wirkt der Wuppertaler überrascht, wehrt sich nicht. Wenig später tritt er den Gang in die Untersuchungshaft an.

Jetzt ist er wieder frei. In der Hansestadt fand der 52-Jährige eine milde Richterin. Ihr erzählte er seine Lebensgeschichte, vom Job in Wuppertal. 31 Jahre lang war das Leben im wahrsten Sinne des Wortes berechenbar. Doch dann wurde umstrukturiert und Rolf S. kam plötzlich nicht mehr mit.

Im Januar dieses Jahres stieg er aus. "Ich wollte nur frei sein - wie ein Vogel im Wind", zitiert das Hamburger Abendblatt die Aussage des Wuppertalers vor dem Amtsgericht der Hansestadt.

Als S. auf seiner Deutschland-Tour irgendwann in Hamburg strandet, ist sein Dispo-Kredit ausgeschöpft: "Da kam mir die Schnapsidee mit dem Überfall", sagt er. Der psychiatrische Gutachter hat eine Anpassungs- und schizoide Persönlichkeitsstörung bei S. diagnostiziert. Möglicherweise habe er aus einer Extremsituation im Zustand der verminderten Schuldfähigkeit gehandelt.

Das Urteil darf als mild bezeichnet werden: Rolf S. kommt mit 20 Monaten Haft auf Bewährung davon. Doch seine Zukunft scheint ungewiss. Laut Hamburger Abendblatt steht der 52-Jährige ohne Job und ohne Wohnung da. "Ich werde mich um Arbeit bemühen", verspricht er vor Gericht. Seinen Bruder im Bergischen will er aber nicht um Hilfe bitten. Eine Rückkehr nach Wuppertal ist für ihn derzeit ohnehin unmöglich. Die Scham ist zu groß.

Das Urteil ist rechtskräftig.