Vom Wohnen in der eigenen Galerie
Bernd Haagmann öffnet seine Wohnung. Die Premieren-Ausstellung zeigt farbenfrohe Kunst(t)raum-Bilder von Romain und Nabil.
Leben und Arbeiten miteinander verbinden, das Ganze an einem Wohlfühl-Ort mit Atmosphäre und Blick über die Stadt — wer wünschte sich das nicht. Kerstin und Bernd Haagmann haben sich diesen Traum erfüllt. Wer sich ein Bild davon machen will, kann sie ab sofort zu Hause besuchen: Am Samstag eröffnen sie ihre Galerie in Arrenberg. Mit einem Programm und einer Ausstellung, die die Kölner Künstler Romain und Nabil mit ihren farbigen, lebensfrohen und zugleich nachdenklichen Bildern gestalten. Die „Kunst(t)raum“ heißt, weil des einen Hauptmotiv die Architektur ist und der andere in seinen Bildern an die Menschen appelliert, an sich selbst zu glauben.
Vor zweieinhalb Jahren zogen die Haagmanns in die Wohnung mit ihrer großen Terrasse ein, die zum ehemaligen Vieh- und Schlachthof-Gebäudekomplex an der Viehhofstraße gehört. „Unter uns wurde früher geschlachtet, da wird jetzt Tango getanzt. In unseren Räumen war die Verwaltung. Als wir einzogen, waren die Räume schon umgebaut, wir mussten kaum renovieren“, erzählt der 53-jährige Bernd Haagmann, der auch die erste internationale Kunstmesse Art Brüggen im August betreut. Seine Frau Kerstin ist eine vielseitige, experimentierfreudige Künstlerin, die das große Format liebt. So fertigt sie schlanke, figürliche Skulpturen aus Beton, die die Wohnung bevölkern. „Wir leben in der Galerie, können sie, auch wenn alle weg sind, genießen“, strahlt Bernd Haagmann.
255 Quadratmeter Ausstellungsfläche und bis zu 4,30 Meter hohe Räume bietet die neue Galerie, die Romain und Nabil bis zum 24. Juni bespielen. 38 Bilder haben sie aufgehängt, 1,50 mal 1,40 Meter die größten, 40 mal 40 Zentimeter die kleinsten. Alle sehr bunt, sehr präzise und detailliert mit Gouache, Bleistift und Pinsel auf Karton aufgetragene Szenen, die zum Schutz hinter Glas in silberne Rahmen gesteckt wurden. Wie Puzzle sind die Bilder aus mehreren Teilen zusammengesetzt, sind „in erster Linie für uns gemacht“, sagt der 66-jährige Romain und ergänzt: „Wenn sie anderen gefallen und sie sie dann auch noch kaufen, freut uns das natürlich sehr.“
Der süddeutsche Galerist Willy Kern machte Künstler und Galerist 2017 bekannt, man fand sich sympathisch, Haagmann fragte, ob die beiden seine Galerie einweihen wollten. Der 22-jährige gebürtige Kölner Gharsallah hatte Romain Burgy über das Tanzen und ein Schulpraktikum kennengelernt. Beide sind künstlerisch auf einer Wellenlänge, Romain förderte das vielseitige Talent des Jüngeren, der auch Schauspielunterricht nahm. Während Romain figurativ arbeitet, nähert sich Gharsallah strukturiert dem Abstrakten, beschäftigt sich mit Menschen, Tieren, Natur. Zusammen haben sie schon etliche Ausstellungen bestritten.
Romain wurde in Algerien geboren, kam mit zehn Jahren nach Frankreich. Er arbeitete viele Jahre in dem erlernten Beruf des Papieringenieurs, bevor er seine Liebe zur Kunst zum Beruf machte, mit 50 Jahren aus der Festanstellung ausstieg, „um zu leben, und es ging gut“. So vertrat er 2010 Deutschland bei der Expo in Shanghai, wo „immerhin 40 Millionen Menschen meine Werke sahen“.
Als Kind malte Burgy Bilder Picassos nach, der Kubismus interessiert ihn bis heute, fließt in seine Architekturbilder ein, „weil ich viel reise, es mich interessiert, wie Menschen leben“. Seine Bilder erinnern vielleicht an Comics, werden gerne mit Pop-Art verglichen. In eine Kategorie fügen will sich der Maler aber nicht, „ich bin ich“. Dieses Ich liebt Farben (vor allem Blau wie Himmel, Meer, Weite und Optimismus), und malt das, „was ich sehen will, nicht das, was ist“. Sein Zeichen ist die beflügelte Zitrone, weil Algerien das Land der Zitrone sei, er Gelb liebe und seine Botschaft, „Wenn man dir eine Zitrone schenkt, mach Limonade daraus“, in die Botschaft schicken will. Lebensfreude, die ansteckt.
Eine Botschaft hat auch die Ausstellung in Wuppertal. Kerstin Haagmann hat eine zwei Meter hohe Skulptur geschaffen, die Romain und Nabil bemalen. Mit weit ausgestreckten Armen fliegt sie den Besuchern entgegen, heißt sie willkommen. Bei der Finissage wird sie zu Gunsten der Aktion Kindertal versteigert.