Stadtentwicklung Von den Plänen, die Luisenstraße abzureißen

In den 70er Jahren sollte eine Ausweichstraße für die B7 dort entstehen. Der Protest prägt die Straße bis heute.

Stadtentwicklung: Von den Plänen, die Luisenstraße abzureißen
Foto: Stefan Fries

Luisenviertel. Wo vergangene Woche Tausende zum Trödel waren und jedes Wochenende Hunderte die Straße bevölkern, da hätte auch gut und gerne eine Entlastungsstraße für die B7 entlanglaufen können — auf der Luisenstraße. An die Pläne erinnert sich jedenfalls Rainer Widmann, der 1973 als Straßenplaner in die Stadtverwaltung kam. Der Plan für die Straße über den Hofkamp, hinter dem Verwaltungsgebäude entlang bis auf die Luisenstraße, sei einer der ersten gewesen, die er damals gesehen habe, erinnert er sich.

Wolf Birke (67), der seit 1976 an der Luisenstraße arbeitet, erinnert sich ebenfalls an damals. Die Idee sei ein Ausläufer der „autogerechten Stadt“ gewesen, sagt er. Man habe für Elberfeld das haben wollen, was es in Barmen mit der Wittenstein- und der Hünefeldstraße schon gegeben habe: Entlastungen auf beiden Seiten der B7.

Und das hätte weitreichende Folgen für das Luisenviertel gehabt — weil auch die Gebäude auf der Nordseite komplett weichen sollten. Das Viertel wäre ein anderes gewesen, das Stadtbild auch.

Vorweg: Die Idee wurde schnell aufgegeben — auch weil sich der Zeitgeist geändert hatte. Aber das hatte auch damit zu tun, dass sich Menschen zusammengetan und eingesetzt haben, deren Vorstellungen das Viertel bis heute prägen.

Damals war die Luisenstraße eine normale Wohnstraße. Es gab höchstens Handwerksbetriebe in den Häusern, erinnern sich Widmann und Birke. Keine Kneipen, keine Gastronomie, keine Läden. Und auch der Anteil der Vermietung ging zurück. „Um 1970 waren die Häuser zum Teil schon entmietet und standen zum Verkauf“, sagt Birke. Angesichts der Pläne für die Straße hätten die Besitzer die Gebäude und Grundstücke verlorengegeben. „Dann gab es aber ein paar Leute, die angefangen haben, Häuser zu kaufen“, weiß Birke. Ein „Held“ sei Peter Kowald gewesen. Der hat das Haus an der Luisenstraße gekauft, wo heute der „Ort e.V,“ sitzt. Er und andere hätten damit die „Preisgabe der Straße konterkariert“, sagt Birke. „Das war eine subversive Tätigkeit. Als neue Eigentümer waren sie Gegner des Projekts.“ Diese erste Generation hätte mit „Axt, Säge und Hammer“ die Häuser vor dem Verfall gerettet und erste Läden eröffnet. Es ging nicht um reine Gegnerschaft der Stadt gegenüber, sagt Birke. „Das war das geniale. Sie hatten immer auch Ideen, wie man das Viertel erhalten und beleben könnte.“ Auch hätten sie immer produktiv mit der Stadt zusammengearbeitet.

Widmann erinnert sich an die Szene auch aus der Innenperspektive. Auch wenn er bei der Stadt war, war er als Teil der Wuppertaler Jazz-Szene auch im Umfeld von Peter Kowald unterwegs.

Er erinnert sich an die Diskussionen auf den Partys. Daran, dass diese — etwa über den Verlauf der L418 durch das Burgholz — sein Bewusstsein für eine andere Verkehrspolitik geschärft hätten. Und er erinnert sich, dass erst nach der ersten Generation das Luisenviertel auch zum Kneipenviertel geworden ist. Widmann ist später erster Beauftragter für nicht-motorisierten Verkehr der Stadt geworden. Und das Luisenviertel ist das, was es seit den 70ern ist — wobei natürlich nicht frei von Veränderungen.

Auch wenn es damals keine Bürgerversammlungen gegeben hat, keine Proteste, hat die wegen der Umbaupläne gegründete Bürgerinitiative Luisenstraße doch Menschen auf die Straße gebracht. Denn das Luisenfest ist damals erdacht worden. „Das Luisenfest ist aus dieser kleinen Gruppe entstanden, die sich aufgelehnt hat“, sagt Birke. Der Aufstand hat also Bestand.