Gesundheit Wenn der Stress im Studium überhand nimmt

Viele Studenten stehen unter großem Leistungsdruck. Die Zentrale Studienberatung gibt Tipps.

Lernen in den eigenen vier Wänden: Auch das kann für Studenten Stress bedeuten.

Foto: dpa/Daniel Naupold

Studenten stehen morgens um 10 Uhr auf, verbringen ihre Abende im Luisenviertel und führen das faule Studentenleben. So zumindest besagt es das Vorurteil. Doch in Wirklichkeit sieht es so nur bei wenig Studierenden aus. Viele müssen neben dem Studium arbeiten gehen, sich ihre Wohnung selbst finanzieren. Hinzu kommen zahlreiche weitere Faktoren wie Abgaben für Essays, Protokolle, Hausarbeiten und natürlich Klausuren, die sich – abhängig vom Studiengang – über das Semester verteilen.

Inga Schulte, 21, studiert im sechsten Semester an der Universität Wuppertal Biologie und Sport auf Lehramt. Sie beschreibt das Hinarbeiten auf Klausuren als den größten Stressfaktor, wenn das Lernpensum ihr über den Kopf steigt. „Der Stoff für eine Klausur ist mehr als für das ganze Abi“, sagt sie. Dadurch komme es zum sogenannten Bulimie-Lernen: Das erworbene Wissen wird nach der Klausur sofort wieder vergessen.

Petra Buchwald, Professorin am Institut für Bildungsforschung, erklärt, dass Motivation und Stress sehr eng zusammenhängen. Zur Motivationssteigerung sollten kleine Etappenziele gesetzt und eigene kleine Erfolgserlebnisse geschaffen werden. Brigitte Diefenbach von der Zentralen Studienberatung erklärt, dass es drei große Phasen im Studium gibt, in denen Stress auftritt. Die erste Phase ist der Studienbeginn, wenn die Studierenden merken, dass sie viel mehr Arbeit als in der Schule haben und den Lernaufwand unterschätzen. Im Verlauf des Studiums kommt die Unsicherheit dazu, wie Themen richtig angegangen werden. Dabei stehen den Studierenden aber zahlreiche Hilfsmöglichkeiten zur Verfügung, wie Mathe- und Schreibwerkstatt. Zu Studienende kommt häufig das Gefühl auf, alleine zu sein mit der Abschlussthesis. Die Sinnhaftigkeit dessen, was man lernen muss, infrage zu stellen, kann ebenfalls Stress auslösen. Der eigene Erwartungsdruck und die Erwartungshaltung der Eltern können auch zur Belastung werden.

Inga Schulte schreibt rund acht Klausuren pro Semester; die vorlesungsfreie Zeit wird durch das Lernen bestimmt. An den Wochenenden arbeitet sie im Einzelhandel. Viel Zeit bleibt da nicht für Freizeitaktivitäten. „Ich versuche, mir die Zeit zum Ausgleich zu nehmen“, sagt sie. Sie sieht auch deutliche Unterschiede in ihren Studienfächern. Sport sei viel stärker auf Lehramt ausgerichtet als Biologie; die Lehramtsperspektive komme ihr hier im Bachelor oft zu kurz, weshalb ihr manchmal die Motivation fehle.

Marian Blum, 21, studiert im sechsten Semester Sicherheitstechnik. „Positiver Stress ist Anregung zum Lernen“, so erzählt er, damit keine Langeweile aufkomme. Jedoch sind auch ihm bewusste Erholungsphasen sehr wichtig: „Sonntags mache ich nichts“.

Auf die Wichtigkeit von regelmäßigen Unterbrechungen weist Brigitte Diefenbach von der Zentralen Studienberatung hin. Spätestens nach 90 Minuten sollte eine halbstündige Pause kommen, damit das Gehirn das Erlernte verarbeiten kann. Und Abwechslung sollten sie bieten zu dem, was vorher gemacht wurde. „Planen Sie ein Wochenende ein“, sagt sie. Mindestens ein unifreier Tag pro Woche sollte festgelegt sein. Wichtig sei es zudem, die Lernphasen frei von Störungen zu halten.

„Eigentlich habe ich nie Ferien“, beschreibt Theresa Ernst, 22, ihre Situation. Urlaube lassen sich nicht planen, da viele Kurse oft nur kurzfristig angeboten werden und man sehr spontan zusagen müsse. Müsste sie neben dem Studium arbeiten, würde die verbliebene Freizeit noch mehr eingeschränkt werden. Dabei ist sie auf die Einhaltung der Regelstudienzeit angewiesen, weil sie BAföG bekommt.

Problematisch sind oft auch Überschneidungen von Vorlesungen und Seminaren. Dies kann vor allem im Kombinatorischen Bachelor passieren, wenn zwei Fächer oder mehr parallel studiert werden. Wie bei einer weiteren Studentin, die Lehramt für die Grundschule studiert. Sie erklärt, dass viele Kurse oft überfüllt sind. Man bekomme manchmal gar keinen Platz. Die Regelstudienzeit wäre deswegen kaum einzuhalten. In den Ferien fallen bei ihr Praktika, Praktikumsberichte und Hausarbeiten an. Effektiv habe sie nur eine Woche frei zwischen den Semestern.

Stressauslöser können auch nicht vorhandene Deadlines bei Abgaben sein. Hier rät Brigitte Diefenbach dazu, sich selbst Fristen zu setzen. Ein bedeutender Punkt ist somit das Selbstmanagement eines jeden Studierenden.

„Stressreaktion ist das, was uns schützt“, erklärt sie. Bei Ängsten und Unsicherheiten sollte man vor allem mit Menschen reden, egal ob mit Familie, Freunden oder der Fachschaft. „Mit Kommilitonen reden hilft“, weiß Christine Hummel, Leiterin der ZSB. Ein Studium verpflichtet auch nicht dazu, beendet zu werden. Eine Ausbildung oder ein Fachwechsel sind immer möglich.