Wettbewerb: Die stärksten Spaghetti der Welt

Mit selbstgebauten Brücken aus Spaghetti haben ausländische Studenten der Uni einen kuriosen Wettbewerb gemeistert.

Wuppertal. Im Saal halten alle den Atem an: Immer mehr Gewichte legt Wolfgang Holtschneider-Seuthe in den Eimer, der an einem Karabinerhaken am Brücken-Bauwerk baumelt. Das Bizarre daran: Das filigrane Konstrukt, das eine 50-Zentimeter-Schlucht zwischen zwei Tischen überbrückt, besteht nur aus Spaghetti und Heißkleber. Willkommen an der Uni Wuppertal, bei einem ganz besonderen Wettbewerb für Studenten der Technik und Naturwissenschaft.

Aber zunächst zurück zum gewichtigen Härtetest. Zunächst noch zögerlich, dann immer schneller wandern die Zwei-Kilo-Gewichte in den Eimer unter der Brücke. Als sich Holtschneider-Seuthe schließlich dem Maximum von 50 Kilo nähert, ist es endlich soweit: Es passiert — erst einmal gar nichts. Doch dann erfüllt den Seminarsaal ein begeistertes Klatschen. Die Brücke hält stand. Aufgabe gemeistert.

„Anfangs habe ich schon Sorgen gehabt, ob die Brücken überhaupt den Eimer halten können“, erzählt Holtschneider-Seuthe, Betreuer der Projektgruppen bei der ungewöhnlichen Aktion. Als Beauftragter des Sprachlehrinstituts (SLI) unterrichtet er an der Bergischen Universität Deutsch als Fremdsprache. Der Brücken-Wettbewerb sollte den von ihm unterrichteten ausländischen Studenten helfen, ihr erworbenes Fachwissen mit den erlernten Sprachkenntnissen zu verbinden.

So traten insgesamt vier Studenten-Gruppen gegeneinander an. Zunächst wurden die theoretischen Fundamente für die filigranen Bauwerke gelegt — dann ging es Anfang Januar an die Klebearbeit. „Je nach Stärken haben wir in der Gruppe die Aufgaben verteilt“, erzählt Davoud Pirzadeh aus dem erfolgreichen Team, dessen Brücke das Maximalgewicht geschafft hat. „Ich war bei uns fürs Berechnen und Zeichnen zuständig.“ Lachend fügt der junge Mann hinzu: „Die Arbeit habe ich den Anderen überlassen.“ Pirzadeh stammt aus dem Iran und schreibt gerade an seiner Doktorarbeit. Bisher hat er hier Bauingenieurswesen in englischer Sprache studiert — nun möchte er aber auch Deutsch lernen, um die Kultur besser kennenzulernen. Obwohl es ihn schon jetzt nicht an deutschen Freunden mangele: „Wenn ich zum Beispiel mal ein Auto brauche, sind meine Freunde sofort da und leihen mir eins.“

Unter seinen Teammitgliedern ist auch Fan Zhang aus Wuhan in China. Die ehrgeizige junge Frau hat bereits ihren Master in Computersimulation in der Tasche, möchte nach dem Deutschkurs aber noch Elektrotechnik studieren. Fürs Erste ist sie jedoch glücklich ,unter den Gewinnern zu sein: „Ich freue mich sehr, vor allem auch, dass unsere Brücke ganz geblieben ist.“ Denn die kunstvollen Bögen, deren filigrane Streben an Fahrrad-Speichen erinnern, ist auch gestalterisch ganz vorn dabei.

Etwa anderthalb Packungen Spaghetti stecken in dem Bauwerk — und seine Entwickler trauen ihm höchste Stabilität zu. „Ich würde gerne noch testen, ob es meinen berechneten 150 Kilogramm Maximalgewicht standhält“, sagt Pirzadeh mit einem zuversichtlichen Blick auf die Brücke. Doch nicht nur der Spalt zwischen den Tischen ist durch das Projekt überbrückt worden — auch die Sprachbarrieren zwischen den Teilnehmern und ihrem Gastland. So gesehen kennt dieser Wettbewerb nur Gewinner.