Neues Konzept Wie der Wuppertaler Wald den Anforderungen des Klimawandels besser standhalten kann

Wuppertal · Eine Vision für die Klimamaschine Wald

Sebastian Rabe (v. l.), Volker Dubbel, Annette Berendes und Frank Meyer stellen die Idee einer Waldvision vor.

Foto: Fischer, Andreas

Wie sieht der Wald von morgen aus? Wie muss ein Wald aufgebaut werden, um dem Klimawandel zu trotzen und zeitgleich seine Aufgaben für die Menschen in der Stadt erfüllen zu können? Diesen Fragen begegnet nun die Stadt Wuppertal mit der Erarbeitung eines Anpassungskonzeptes – der sogenannten Waldvision.

Nicht nur die Fichtenbestände sind in den vergangenen Jahren enorm geschrumpft – machten sie vor dem Jahr 2018 rund neun Prozent der Fläche des Stadtwaldes aus, sind es nach den Trockenjahren 2018 bis 2020 nur noch rund ein Prozent. „Auch Bäume, denen mehr Stabilität nachgesagt wurde, zeigen Ausfallerscheinungen“, sagt Umweltdezernent Frank Meyer. Zu ihnen gehören Buchen. Unter Begleitung des Forstwissenschaftlers Volker Dubbel von der Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) entwickelt die städtische Forstabteilung Maßnahmen, um den Wuppertaler Wald auf den Klimawandel vorzubereiten. Denn Wälder haben eine hohe Bedeutung für die Menschen in der Stadt. „Ein Großteil unserer Hänge ist bewaldet. Sie halten viel Niederschlagswasser zurück und sind Retentionsflächen bei Starkregen“, erklärt Meyer.

Stadtförster Sebastian Rabe spricht von großen Anstrengungen, die notwendig seien, um einen stabilen Wald aufzubauen. „Jeder Wald braucht ein eigenes Konzept, da jeder Wald und jede Stadt andere Bedingungen hat“, erklärt Volker Dubbel. Für die Umsetzung der Waldvision hofft die Stadt Wuppertal auf Fördermittel. Ideen für die Waldvision gebe es bereits.

„Schlüsselelement ist eine Baumartenvielfalt“, sagt Dubbel. „Wir müssen dafür sorgen, dass die Risiken, die auf die Bäume zukommen, gestreut werden.“ Man müsse den Wald fragen, wie es ihm gehe, schauen, wie die bisherigen Arten mit der Trockenheit zurechtgekommen sind und wie sie sich kombinieren lasse. „Die Mischung macht’s“, weiß Dubbel. „Wir haben hier die große Klimamaschine, die für die Stadt wichtig ist.“ Denn vor allem die Kaltluftproduktion eines Waldes sei für die Stadt von Bedeutung. „Die heißen Tage werden zunehmen. Da brauchen wir Erholungs- und Ausgleichräume. Ein feuchtes Waldklima ist dafür Voraussetzung.“

Greifen die Förster nicht in den Wald ein, würde sich der stärkste Baum durchsetzen: Die Buche, die alle anderen Baumarten verdrängen würde. Auch heimische Eichen seien durchsetzungsstark, allen voran die Traubeneiche. Birken, Ebereschen und Weiden seien für die Wiederbewaldung aber ebenso wichtig, sagt Dubbel. „Wir haben in Wuppertal die komfortable Situation, dass wir mit dem Wald keine Erträge erzielen müssen“, sagt der Forstwissenschaftler. Die Bäume sollen alt und dick werden, die Bestände geschlossen sein, ein kühlfeuchtes Klima entwickelt und erhalten werden.

Die Forderung, auch in der Stadt Bäume zu pflanzen, gebe es schon lange, sagt Annette Berendes, Ressortleiterin Grünflächen und Forsten. Dort sei die Herausforderung, Flächen zu finden, an denen keine Leitungen liegen und die entsiegelt werden können. „Die großen Waldflächen sorgen dafür, dass unten im Tal bessere Bedingungen sind und Kaltluft einströmt.“

Die Waldvision soll bis Anfang kommenden Jahres fertig sein. Doch ist sie nichts, was in fünf oder zehn Jahren umgesetzt ist. „Wir reden hier über Jahrzehnte und Jahrhunderte“, sagt Volker Dubbel. Förster würden schon im Studium lernen, mit einem Minimum von 50 Jahren zu planen. „Noch besser: Wie soll der Wald in 100 Jahren aussehen?“, sagt er. Dafür bräuchten Förster Fantasie und die Möglichkeit, in Ruhe nachzudenken.

Die Zukunft des Waldes kostet viel Geld

„Die Zukunft des Waldes wird uns einiges kosten“, weiß Annette Berendes. Neben den Pflegemaßnahmen brauche es Personal. Mit der Waldvision wollen die Experten abschätzen können, welche Maßnahmen für Waldumbau und Walderneuerung notwendig sind und welche Pflegemaßnahmen damit einhergehen. Und es geht nicht nur um die städtischen Waldflächen. „Es gibt viele Privatwaldbesitzer“, weiß Frank Meyer. „Wir müssen sie genau so mitnehmen und Fremde überzeugen.“

Auch die Bundesgartenschau (Buga) 2031 spielt eine Rolle. Sie sei ein Schritt in Richtung Grünentwicklung und Zirkularität, sagt Annette Berendes. Dabei würden Wälder eine entscheidende Rolle spielen. „Das wird eine enorme Bedeutung für die Buga und über die Buga hinaus haben.“

„Die letzten Jahre waren reines Katastrophenmanagement“, sagt Sebastian Rabe mit Blick auf das Fichtensterben. „Jetzt sammeln wir uns.“ Ein Idealbild eines Waldes soll entstehen. „Wir können für jeden Wald schauen, wie weit er vom Idealzustand entfernt ist“, sagt der Förster. Bis dieses Idealbild steht, müssen noch offene Fragen geklärt, Themen priorisiert werden. „Wie sortieren wir die Zusammenarbeit im Konzern Stadt? Und wie gelingt es, die Politik mitzunehmen?“, fragt Frank Meyer. Punkte, an denen seine Nachfolgerin Katrin Linthorst ansetzen könne. Sie wird auf das Amt der Umweltdezernentin nachfolgen.