Prozess Wie kam es zur Haus-Explosion in Wuppertal? Das sagt der Angeklagte

Wuppertal · Ein Haus in Wuppertal ist fast völlig zerstört wurden, mehrere Menschen wurden teils lebensgefährlich verletzt. Nun hat der angeklagte Mieter erklärt, wie es zu der heftigen Explosion kam - eine kuriose Schilderung.

Der Angeklagte im Prozess um eine Hausexplosion in Wuppertal spricht mit seinem Anwalt Peter Wülfing.

Foto: dpa/Caroline Seidel

Das Anzünden einer Zigarette hat die Explosion des Hauses an der Lenneper Straße in Heckinghausen ausgelöst. Das sagte der Angeklagte (54) im Prozess vor dem Landgericht aus, ein Bewohner des Hauses. Er habe vorgehabt, sich mit Gas selbst zu töten, sei eingeschlafen und habe dann rauchen wollen.

Die Explosion kurz vor Mitternacht am 23. Juni 2018 hatte das Haus, in dem insgesamt 22 Menschen lebten, fast völlig zerstört. Fünf Menschen wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt, auch der Angeklagte. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 54-Jährigen Mordversuch in 21 Fällen, besonders schwere Brandstiftung, Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion und Körperverletzung vor.

Der Angeklagte ist ein schmaler Mann, er geht an einem Rollator. Er kann nur mit sehr heiserer Stimme sprechen, ist schwer zu verstehen. Zunächst liest sein Anwalt für ihn eine schriftliche Erklärung vor.

An mögliche Folgen der Öffnung
der Gasleitung nicht gedacht

Bilder der Verwüstung: Der Tag nach der Explosion im Wuppertaler Wohnhaus
30 Bilder

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Darin erklärt der Angeklagte, er habe sich umbringen wollen, deshalb die Gasleitung geöffnet. „Ich bin zu meinem Nachbarn gegangen und habe mir eine Rohrzange ausgeliehen“; heißt es in der Erklärung. Dann habe er den Schlauch von seinem Gasofen zur Gasleitung gelöst, anschließend den Haupthahn in seiner Wohnung aufgedreht. Und habe auf dem Sofa gewartet, dass das Gas wirkt.

Ob er daran gedacht habe, dass das Gas auch in andere Wohnungen und ins Treppenhaus gelangen könne, fragt der Staatsanwalt ihn später. Der Angeklagte verneint. Dass das Gas auch nach seinem möglichen Tod nicht aufhört zu strömen? Dass es durch einen Funken zur Explosion kommen könne? „Daran habe ich gar nicht gedacht“, sagt der Angeklagte.

Er war auf dem Sofa eingeschlafen, erwacht, als er zur Toilette musste. Als er zurückkam, habe er sich eine Zigarette angezündet. „An das Gas habe ich nicht mehr gedacht.“ Das Anzünden mit dem Feuerzeug löste die Explosion aus. „Das hat einen Riesenrums gegeben.“

Die Fassade des Hauses zur Straße hin wurde zerstört, es gab Feuer an mehreren Stellen. Der 54-Jährige saß wohl noch eine Weile auf seinem Sofa, während um ihn herum das Haus zusammenstürzte, das Feuer sich ausbreitete. Die Decke seine Wohnzimmers stürzte irgendwann ein, er weiß, dass etwas Brennendes auf seinen Arm fiel. „Ich habe gehört, wie jemand gerufen hat: ,Guck dir an, was du angerichtet hast!’“ Dann sei er wohl herausgezogen worden.

Die Wucht der Explosion hat einen Nachbarn auf die Straße geschleudert, er erlitt Verletzungen an Lunge und Milz, schwebte in akuter Lebensgefahr. Drei weitere Personen erlitten Rauchvergiftungen, Prellungen und Schürfwunden. „Es ist einem glücklichem Zufall zu verdanken, dass keiner zu Tode gekommen ist“, betont der Staatsanwalt. In der Erklärung hatte der Anwalt im Namen des Angeklagten alle Nachbarn und Betroffenen um Verzeihung gebeten: „Seien Sie versichert, dass ich das Geschehen nicht bedacht und vorhergesehen habe.“

Als Grund für seine Suizidabsichten nannte er, dass seine Frau, die ihn vor einigen Wochen verlassen hatte, nicht zu ihm zurückkehren wollte. Sie hatte ihn einen Tag zuvor, an seinem Geburtstag, noch besucht, da hatte er erneut versucht, sie zur Rückkehr zu überzeugen.

Der Angeklagte hat nach eigenen Angaben schon mehrfach versucht, sich umzubringen. Jedes Mal seien Beziehungsprobleme der Anlass gewesen. So hat er schon auf dem Schwebebahngerüst gestanden, hat sich mit einem Strick um den Hals auf die Zollbrücke in der Nähe seine Hauses gestellt und hat auch auf dem Fenstersims seines Hauses gestanden. Jedes Mal war kurzfristig in der Psychiatrie gewesen, aber wenige Tage später wieder entlassen worden.

Er trinke seit Jahren, habe außer einer Entgiftung nie eine Langzeittherapie gemacht. Sein Alkoholkonsum habe zuletzt etwa eine Flasche Weinbrand und 18 bis 20 Flaschen Bier umfasst. Auch an seinem Geburtstag und am Folgetag habe er getrunken.