Begrabt mein Herz in Wuppertal Gans mit Rotkohl oder doch lieber Fondue?

Uwe Becker macht sich Gedanken über sein persönliches Weihnachtsmenü.

 Uwe Becker, 1954 in Wuppertal geboren, ist Chefredakteur des Wuppertaler Satiremagazins Italien und Mitarbeiter des Frankfurter Satiremagazins Titanic. Jeden Mittwoch schreibt er in der WZ über sein Wuppertal.

Uwe Becker, 1954 in Wuppertal geboren, ist Chefredakteur des Wuppertaler Satiremagazins Italien und Mitarbeiter des Frankfurter Satiremagazins Titanic. Jeden Mittwoch schreibt er in der WZ über sein Wuppertal.

Foto: Joachim Schmitz

Ab heute beginnen meine Planungen für die private Weihnachtsspeisekarte. Was wollen wir zu den Abschlussfeierlichkeiten des Jahres mit unseren Lieben denn Leckeres kochen? Gänsebraten mit Rotkohl und Thüringer Klöße? Das wäre eine schöne Idee, ist mir aber zu viel Arbeit. Vorher muss man sich auch Gedanken machen, wo kaufe ich die Gans, mache ich den Rotkohl frisch oder nehme ich den leckeren aus dem Glas und verfeinere ihn mit Äpfeln und schwarzer Johannisbeermarmelade?

Die Klöße kann man auch komplett selber machen, aber ich kann Ihnen sagen, das ist eine sehr anstrengende und komplexe Aktion. Kartoffeln reiben – haben Sie schon mal für sechs Personen Kartoffeln gerieben? Das ist auch eine körperliche Herausforderung, der ich mich nicht unbedingt stellen möchte. Man könnte sich auch einen schönen Sauerbraten machen, aber den sollte man dann vorher auch in einer selbstkreierten Marinade mindestens fünf Tage einlegen, damit die Säure und die Aromen tief ins Fleisch eingezogen sind. Wenn ich heute damit beginnen würde, könnte es bis zum Fest noch klappen.

Um die Geschenke muss ich mir ja keine Gedanken machen, verschenke ich doch mein eigenes Buch, dass den Namen dieser Kolumne trägt, was für mich auch günstiger ist, da die Westdeutsche Zeitung den Druck des Buches freundlicherweise bezahlt hat. Natürlich signiere ich jedes Exemplar liebevoll und individuell. Ich weiß auch nicht, ob die Kinder überhaupt an Heiligabend zu mir kommen oder ob sie bei ihren Müttern feiern. Mit einer dieser Mütter bin ich ja Gott sei Dank zusammen, da wird zumindest ein Kind wohl sicher da sein. Vielleicht kommt der Nachwuchs auch nur am 1. oder am 2. Weihnachtstag, man weiß es noch nicht genau. Es wäre aber auch nicht schlimm, wenn die Brut an allen drei Tagen käme, man hat sich ja schließlich lieb, es ist Weihnachten und Platz ist genug vorhanden.

Was mir allerdings Angst macht, ist die Tatsache, dass man alle Lebensmittel noch kaufen muss. Der Besuch diverser Supermärkte, Fleischereien, Bioläden und Weinhändlern, die natürlich vor dem Fest immer vollgestopft mit übernervösen Menschen sind, ist für mich eine Qual. Okay, zum Weinhändler gehe ich nicht ungern, kann man sich dort doch direkt ein wenig betäuben. Ich bin auch nicht mehr in dem Alter, in dem ich mich freute, wenn der Metzger die Mutter fragte, „Darf der kleine Mann denn eine Scheibe Wurst?“. Aber je mehr ich über die aufwendigen, mühseligen Besorgungsgänge nachdenke, fallen mir zwei wunderschöne Gerichte ein, deren Zutaten der Gastgeber zwar besorgen muss, aber für deren Fertigstellung der Gast selber sorgen muss: Fondue und Raclette!

Fondue finde ich noch am geilsten, da rufe ich einfach gleich beim Metzger an und bestelle vier Kilo Rinderfilet und ein wenig Hühnerfleisch für alle drei Feiertage. Ja, man kann an drei Tagen hintereinander Fondue essen, warum denn nicht? Ein Anruf beim Bäcker und dann hat man auch seine zehn Stangen Baguette sicher. Und die Soßen zum Fleisch hat man ja alle noch im Kühlschrank: die alte Chili-Sauce vom letzten Grill-Abend im August, den köstlichen Ketchup, den man noch lecker mit der Mayonnaise zur allseits beliebten „Kindersauce“ vermischen kann, und die Schwiegermutter macht bestimmt noch ihren leckeren Krautsalat. Ich finde dies jetzt ziemlich überschaubar und bin nun auch viel gelassener, weil es nicht so stressig werden wird, wie ich vorher dachte.

Ich habe mich übrigens zufällig durch einen Zeitungsartikel, den ich in der letzten Woche lesen durfte, darüber in Kenntnis setzen können, dass es Menschen gibt, die sich vor Feiertagen nicht so einen Kopf um das Weihnachtsessen machen müssen, weil sie sich nur von Licht ernähren. Die Anhänger dieses esoterischen Konzepts nehmen nur noch Wasser zu sich, aber keine feste Nahrung mehr. Der große Vorteil: Man muss nie Lebensmittel kaufen, also auch vor Weihnachten nicht. Ob es allerdings ein Gaumenkitzel ist, wenn man zum Frühstück und zum Lunch einfach nur eine Runde um den Block gehen muss und sich zum Abendbrot fünf Minuten mit offenem Mund unter die Deckenbeleuchtung platziert, um sich richtig lecker satt zu „essen“, da habe ich schon meine Zweifel.