Wieder arbeitslos durch langsame Regierungsbildung

Die Arbeitsagentur muss Geld für Arbeitsgelegenheiten kürzen. In Wuppertal können rund 300 Menschen teilnehmen.

Foto: Stefan Fries

Die Nordbahntrasse wird gern „sauberste Straße in Wuppertal“ genannt. Das liegt daran, dass nicht nur der Eigenbetrieb Straßenreinigung Wuppertal (ESW) dort kehrt, sondern auch Menschen, die im Wichernhaus eine Arbeitsgelegenheit haben — im Volksmund auch „Ein-Euro-Job“ genannt. Doch weil es für solche Arbeitsgelegenheiten weniger Geld gibt, werden jetzt weniger Saubermänner und -frauen unterwegs sein. Hintergrund ist die Hängepartie bei der Regierungsbildung in Berlin.

Denn der Entwurf für den Bundeshaushalt — noch von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) erstellt — sieht Einsparungen bei den Programmen für Langzeitarbeitslose vor. Die Wohlfahrtsverbände haben bereits massiv Einspruch erhoben, in den Sondierungsgesprächen gab es auch Signale für eine Umsteuerung. Doch solange es keine neue Regierung gibt, wird nichts entschieden. Um auf das Problem aufmerksam zu machen, schlagen die Wohlfahrtsverbände Alarm. Sie sprechen von „Kahlschlag“.

In Wuppertal fehlen der Agentur in diesem Jahr eine Million Euro für Maßnahmen für Langzeitarbeitslose — obwohl es unter anderem durch die Zuwanderung 4000 mehr Menschen im System gibt. Weil viele Verträge für Maßnahmen mit Arbeitsgelegenheiten Ende Januar auslaufen, trifft es diesen Bereich besonders. Den Trägern dieser Maßnahmen wurden 30 Prozent des Geldes gekürzt. Das führt dazu, dass von den rund 1400 Arbeitsgelegenheiten, die es noch im letzen Jahr gab, rund 300 wegfallen.

Das betrifft beispielsweise das Wichernhaus, das 53 von 250 Arbeitsgelegenheiten abbaut — verteilt auf alle Bereiche wie die Nordbahntrasse, Wicked Woods, Spielplatzsanierer und mehr; das betrifft die Diakonie, die sogar 90 von 180 Plätzen abbaut, vor allem in den Programmen „Anstoß“ sowie „Job & Go“, die versuchen, langzeitarbeitslose Menschen mit Praktika, Coaching und weiterer Unterstützung auf dem ersten Arbeitsmarkt unterzubringen.

Davon ist auch der Verein Alpha betroffen, der Frauen Wege ins Arbeitsleben aufzeigt und 30 der 90 Plätze gestrichen hat. Betroffen sein könnte theoretisch auch die Bahnhofsmission, in der neben einem Hauptamtler und Ehrenamtlern auch zwölf Menschen über eine Arbeitsgelegenheit beschäftigt sind. „Aber wir tun unser möglichstes, um dieses Projekt zu erhalten, Christoph Humburg, Direktor der Caritas, die die Mission gemeinsam mit der Diakonie betreibt.

Humburg macht deutlich: „Die Kürzungen betreffen Menschen, die auf einem guten Weg sind, sie müssen jetzt ihre Maßnahme abbrechen.“ Viele Teilnehmer seien stolz auf ihre Arbeit. Mirjam Michalski von der Diakonie bestätigt: „Das sind Menschen, die sich stabilisiert haben. Sie erfahren Wertschätzung, bekommen wieder Selbstbewusstsein. Das geht mit einem solchen Abbruch verloren.“ Viel Geld werde dabei nicht gespart, denn die Menschen sind dann wieder arbeitslos, brauchen Unterstützung. „Die Armut wird größer, die Unzufriedenheit wird massiv steigen“, befürchtet Humburg. Frank Gottsmann von der Arbeiterwohlfahrt sagt: „Das wird von den Kosten viel teurer.“

Darüber hinaus fehlt das Geld auch für die Mitarbeiter, die die Langzeitarbeitslosen unterstützen. Zum Teil gab es Kündigungen, Mitarbeiter mussten Stunden reduzieren. Dabei gehen auch Strukturen verloren. So hat der Verein Alpha eine Werkstatt geschlossen. Wenn es wieder Geld gibt, müssen solche Strukturen wieder neu errichtet werden.

Die Vertreter der Wohlfahrtsverbände wiederholten ihre Forderung nach einem staatlich finanzierten Arbeitsmarkt. „Es heißt, es gibt weniger Arbeitslose“, erläutert Regine Widmayer-Wagner vom Wichernhaus. „Aber es wird immer Menschen geben, die nicht integrierbar sind. Für sie müssen wir dauerhaft etwas aufbauen.“