Gastkommentar „Wir feiern den Frühling und die Wiedergeburt“

Jannis Stergiopoulos über das größte Kirchenfest im orthodoxen Jahr.

Foto: Andreas Fischer

„Feiern Sie auch Ostern?“ Diese Frage musste ich in den vergangenen Jahren häufiger beantworten. Ja, ich feiere auch Ostern. „Aber Sie sind doch Grieche?“ Ja, wir Griechen feiern auch Ostern (griechisch „Pascha“). Wir sind Orthodoxe Christen, und für die Orthodoxie ist es das größte Kirchenfest im Jahr. Das Fest aller Feste. Es ist der höchste griechische Feiertag und der freudenvollste: man feiert den Frühling und die Wiedergeburt.

Die Osterbräuche werden zum Vorboten der Wiedergeburt des Geistes und der Natur, wobei die Osterfeierlichkeiten reich an Bedeutung und Symbolik sind. Auch für die in Wuppertal lebenden Griechen. Die Vorbereitungen für die Auferstehungsfeier beginnen am Kardienstag. An diesem Tag bereiten Hausfrauen traditionell besondere Kuchen, genannt „Tsourekia“, vor und färben Eier rot. Die Eier sind ein Symbol der Wiedergeburt, und die Farbe Rot steht für das Blut Christi. Der Freitag ist der heiligste Tag der Karwoche, der Tag des Höhepunktes der Passion Christi.

Am Samstagmorgen beginnen die Vorbereitungen für das Festessen des nächsten Tages, und eine spezielle Suppe, mit der das Fasten gebrochen wird, die „Maghiritsa“, wird gekocht. Kurz vor Mitternacht strömen die Menschen zur Kirche mit einer weißen Kerze in der Hand, die sie mit dem „Heiligen Licht“, das der Priester ausgibt, anzünden. Wenn der Priester dann „Christus ist auferstanden“ („Christos Anesti“) singt, tauschen die Menschen Glückwünsche aus.

Mit dem Heiligen Licht der Kerzen zeichnen die meisten drei Mal das Kreuzzeichen am oberen Türpfosten der Eingangstür ihrer Häuser - es soll Glück bringen. Alle setzen sich um den Tisch, schlagen sich gegenseitig die roten Eier kaputt und wünschen sich Glück mit „Christós anesti“.

Die Antwort darauf ist „Alithos anesti“ (wahrlich, er ist auferstanden). Am Sonntag wird das Lamm am Spieß gebraten und die Familien essen, trinken und tanzen. „Stimmt, jetzt wo Sie es sagen. Habe ich schon mal im Urlaub gesehen. Aber nicht jedes Jahr oder?“ Doch, jedes Jahr. Ostern ist ein bewegliches Fest. Seine Feier fällt auf den ersten Sonntag nach dem Vollmond der Frühlingstagundnachtgleiche. Dass das Osterfest nur alle vier Jahre auf den gleichen Tag fällt - wie das der Katholischen bzw. Evangelischen Kirche - ist dem Julianischen- beziehungsweise dem Gregorianischen Kalender geschuldet.

Am Ende des Gesprächs kommt der alles entscheidende Satz: „Dafür, dass Sie Grieche sind, sprechen Sie aber gut Deutsch.“ Und ich erwidere: „Das freut mich sehr, dass Sie mich verstanden haben. Ja, ich bin gebürtiger Grieche. Genauer gesagt, bin ich ein griechischer Wuppertaler, da ich in dieser Stadt geboren bin. Ich habe einen griechischen und einen deutschen Pass und bin in Wichlinghausen auf die katholische Grundschule gegangen. Später habe ich auf dem Gymnasium Am Kothen mein Abitur gemacht.“ So oder ähnlich verlaufen die Gespräche mit Mitbürgern in Wuppertal, denen ich das erste Mal begegne. Wenn man die Gespräche vertieft, stellt man fest, dass man viele Gemeinsamkeiten hat und Ostern etwas Schönes ist. Ich wünsche allen Wuppertalern „Christos anesti“, frohe und friedliche Ostern im Kreise Ihrer Familien!