Wuppertal. Ist das schlechte Image der Pflege berechtigt?
Ulrich Renziehausen, Betriebsleiter der städtischen Altenheime: Altenpfleger haben nicht die Lobby wie etwa Ärzte. Sie werden, wenn sie bei berechtigten Forderungen nach tariflicher Belohnung auf die Straße gehen, belächelt. Das Personal arbeitet seit vielen Jahren am Limit. Natürlich gibt es auch im stationären Pflegebereich schwarze Schafe, die hoffentlich durch die unangemeldeten Prüfungen durch den MDK, die wir begrüßen, vom Markt genommen werden.
Winfried Knäpper, Leiter des städtischen Altenheims Neviandtstraße: Ähnlich wie bei Lehrern und Erziehern meint jeder, bei der Pflege mitreden zu können. Die Pflege wird sehr naturwissenschaftlich betrachtet, es zählt oft nur das Endergebnis, aber nicht der Weg dahin. Wenn eine ältere Bewohnerin über einen längeren Zeitraum die Nahrung verweigert und dadurch an Gewicht verliert, sieht keiner die Mühe und Fürsorge, mit der die Pflege über Wochen versucht hat, sie aufzupäppeln.
Renziehausen: Der Zeitaufwand ist erheblich. Jede zusätzliche Minute in der Pflege, die mehr mit den Bewohnern verbracht wird, ist ein Gewinn. In der Pflege kämpfen wir ständig um Minuten, wozu auch das Finanzierungssystem beiträgt. Wir leben in einer Welt der Haftungsproblematik. Das führt teilweise zu einer Dokumentationshysterie zur Absicherung.
Knäpper: Von ganz verschiedenen Seiten werden permanent Leistungen von den Pflegekräften erwartet. Neben den Bedürfnissen der Bewohner gehören dazu Erwartungen von Ärzten, dem Medizinischen Dienst, der Heimaufsicht, den Angehörigen und, und, und. Mit jeder Gesetzesänderung kommt weitere Dokumentationsarbeit hinzu.
Renziehausen: Natürlich bräuchten wir punktuell mehr Personal. Wir können nicht ständig weitere Qualitätssteigerungen erwarten, ohne mehr Geld in die Hand zu nehmen. Eine Hilfe für den Papierkram und für die hauswirtschaftlichen Arbeiten wäre schon eine Entlastung.
Knäpper: Gute Pflege kostet genauso Geld wie eine gute handwerkliche Tätigkeit. Dies ist der Gesellschaft nicht bewusst - und sie ist auch nicht bereit, dafür ausreichend zu zahlen. Hier ist Aufklärung nötig. Pflege bedeutet vor allem Beziehungsarbeit. Es wäre wünschenswert, wenn dies eine deutlichere Wertschätzung erfahren würde.