Wuppertal. Die Menschen in Wuppertal und im Bergischen Land sind überdurchschnittlich oft krank. Gleichzeitig nehmen die Fälle an psychischen Erkrankungen weiter zu - auch hierbei ist die Region Wuppertal negativer Spitzenreiter. Das zeigen die Zahlen der beiden großen Krankenkassen vor Ort - der AOK und der Barmer.
In der Statistik der AOK zum Krankenstand war das Bergische Städtedreieck im Vergleich zum übrigen Bezirk Rheinland Schlusslicht. Es folgen der Kreis Aachen und Metropolen des Ruhrgebiets. Laut Lars Kroszewski vom AOK Regional-Marketing haben industriell geprägte Regionen grundsätzlich mit deutlich höheren Krankenständen zu kämpfen als ländlich-periphere oder dienstleistungsorientierte Standorte. Auch der demographische Wandel in der Region spiele dabei eine Rolle.
Der Krankenstand gibt an, wie hoch der Anteil der durch Arbeitsunfähigkeit verloren gegangenen Arbeitszeit im Unternehmen ist. Bei der AOK Wuppertal lag er 2008 bei 5,73 Prozent. Zum Vergleich: Im Kreis Kleve war der Krankenstand mit 4,43 Prozent am niedrigsten.
Beunruhigend ist ebenfalls die Zunahme der psychischen Erkrankungen. In den vergangenen fünf Jahren hat sich der Anteil der Diagnosen "Psychische und Verhaltensstörungen" an den Fehlzeiten allein bei der Barmer um 51Prozent erhöht. Nach den Muskel-Skelett-Erkrankungen sind sie damit auf Rang zwei der häufigsten Krankheiten gerückt.
Auch bei den psychischen Erkrankungen sind regionale Unterschiede erkennbar: Von den bundesweit 78 Regionalstellen der Barmer belegt Wuppertal mit einem Anteil von 19,9 Prozent den 69.Platz, Hamburg ist mit 25,8 Prozent Schlusslicht. Das Ergebnis erklärt Uwe Benn, stellvertretender Regionalgeschäftsführer der Barmer, auch mit den wirtschaftlichen Problemen vor Ort.
"Unsere Region ist ziemlich krisengeschüttelt, das schlägt sich auch beim Krankenstand der Mitarbeiter nieder." So bemerke die Barmer an ihren Versicherten und deren Krankenstand im Bergischen Land, wenn es wichtigen Arbeitgebern vor Ort wirtschaftlich schlecht gehe.
Der Anstieg psychischer Erkrankungen wird auch zum wirtschaftlichen Problem: Die Fehlzeiten sind bei diesen Krankheiten besonders lang und damit die Kosten besonders hoch. Die Barmer verzeichnete in den vergangenen Jahren stetig steigende Ausgaben für Krankengeld aufgrund psychischer Erkrankungen. Sie stiegen von 2006 bis 2008 von 153 Millionen Euro auf 186 Millionen Euro jährlich. Andere Kassen verzeichnen in diesem Bereich ebenfalls hohe Zuwächse. Zudem sind laut Barmer psychische Krankheiten nun häufigster Grund gesundheitlicher Frühverrentung.
Doch in diesem Zusammenhang gibt es auch gute Nachrichten: Trotz oder gerade wegen der Wirtschaftskrise investieren immer mehr Firmen in die Gesundheit ihrer Mitarbeiter. Diesen Trend bestätigen AOK und Barmer wie auch das Kompetenzzentrum für Fortbildung und Arbeitsgestaltung an der Bergischen Uni Wuppertal (KomFor). "Wir haben derzeit mehr Anfragen als je zuvor", sagt Dr.Karin Scherrer vom Kompetenzzentrum.
Die Anfrage kämen aus allen Branchen. Neben zahlreichen Firmen arbeite auch die Stadtverwaltung mit KomFor zusammen. "Die Arbeitgeber merken, dass ihre Leute hochbelastet sind und dass sie etwas ändern müssen."
Durch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sinke die Motivation bei steigendem Arbeitsanfall. Scherrer geht in Firmen, untersucht die Arbeitsabläufe und Strukturen. Dann werden Prozesse optimiert, Gespräche geführt und Gesundheitszirkel eingeführt. Manchmal helfen schon einfache Rücken- und Entspannungsübungen, in anderen Fällen müssen Arbeitsabläufe geändert werden. "Werden unsere Empfehlungen umgesetzt, kann der Krankenstand sinken."